Kann Urlaub auch bei langer Krankheit verfallen?

Kernaussage

Recht aktuell wurde entschieden, dass Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern nicht einfach verfallen können, sondern der Arbeitgeber jedenfalls vorab auf den Verfall hinzuweisen hat. Über die Frage, ob diese Hinweispflicht aber auch für Urlaubsansprüche von langfristig erkrankten Arbeitnehmern besteht, hatte jetzt das Landesarbeitsgericht Hamm zu entscheiden und dies mit Urteil vom 24.7.2019 verneint.

Sachverhalt

Konkret ging es um die Klage einer Mitarbeiterin, die im Jahr 2017 langfristig erkrankte und ihren für das Jahr noch bestehenden Resturlaub nicht mehr nehmen konnte. Die Klägerin verlangte daher die Auszahlung des Urlaubs; der Arbeitgeber weigerte sich jedoch. Die Klägerin klagte daraufhin vor dem Arbeitsgericht Paderborn, aber ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass der Urlaubsanspruch für das Jahr 2017 zum 31.3.2019 verfallen sei.

Entscheidung

Dieser Auffassung schloss sich auch das Landesarbeitsgericht Hamm an. Es bestätigte zwar zunächst nochmals den Grundsatz, dass Urlaub grundsätzlich nur dann verfällt, wenn der Arbeitnehmer konkret auf den drohenden Verfall der Ansprüche hingewiesen und zur Inanspruchnahme aufgefordert wurde.

Allerdings könne dies nicht im Falle von Langzeiterkrankten gelten. In diesen Fällen sei es rein tatsächlich nicht möglich, den Urlaub zu nehmen. Jede Aufforderung des Arbeitgebers bzw. ein Hinweis auf den Verfall sei daher sinnlos. Diese Verpflichtungen können daher nur dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub auch nehmen kann.

Bei Langzeiterkrankten verfallen gesetzliche Urlaubsansprüche daher – wie bisher auch – 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahrs; auch ohne vorherige Belehrung durch den Arbeitgeber. Kehrt der Arbeitnehmer aber wieder arbeitsfähig zurück, lebt ab diesem Zeitpunkt die Belehrungspflicht des Arbeitgebers wieder auf.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Konsequenz

Das Urteil überzeugt. Für langfristig erkrankte Arbeitnehmer bleibt es also dabei, dass die Urlaubsansprüche jeweils 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahrs verfallen. Für alle anderen Arbeitnehmer sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es keinen automatischen Verfall von Urlaubsansprüchen (mehr) gibt. Die jetzt geltenden Belehrungspflichten sollten daher nachweisbar umgesetzt werden.
 

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Alexander Kirsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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