Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs durch Übertragung der Grundstücke auf mehrere Erben

Kernaussage

Werden im Rahmen eines Erbfalls Flächen eines landwirtschaftlichen Betriebs auf mehrere Erben verteilt, wird der einheitliche Betrieb zerschlagen. Die Rechtsnachfolger halten die landwirtschaftlichen Flächen, wenn sie nicht von diesen landwirtschaftlichen genutzt werden, im Privatvermögen.

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Enkelin des Steuerpflichtigen RS, der Eigentümer von drei Höfen war. Nach dem Tode von RS im Jahr 1968 ging das Eigentum der Höfe auf den Sohn FS über, der die landwirtschaftliche Bewirtschaftung eines Hofes (B2) aktiv ausübte. Eine Hofstelle (B1) wurde nach dem Tod des RS nicht mehr genutzt, der dritte Hof (A) wurde an verschiedene Pächter verpachtet.

Im Testament des FS wurde verfügt, dass der älteste Sohn des FS den Hof B2 sowie ein weiteres Grundstück erhalten soll. Die Ehefrau des FS wurde als Vorerbin hinsichtlich der Höfe B1 und A eingesetzt. Darüber hinaus erhielt sie die Befugnis den Nacherben unter den Kindern zu bestimmen. Nach dem Tode des FS im Jahr 1975 ging dessen Ehefrau keiner landwirtschaftliche Tätigkeit nach. Die Hofstelle des Hofes B1 sowie dessen Flächen wurden verpachtet, auf dem Hof B2 lebte sie mit ihrem Sohn. Die landwirtschaftlichen Flächen des Hofes A wurden weiter parzellenweise verpachtet. Als Nacherbin der Ehefrau von FS wurde die Klägerin gewählt, die im Jahr 1993 das Eigentum an den Flächen der beiden ehemaligen Höfe B1 und A erhielt. Bei dem übertragenden Grundbesitz handelt es sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr um einen Hof i.S.d HöfeO. In den Jahren 2003 bis 2007 verkaufte sie verschiedene Teilflächen in A. In 2014 veräußerte die Klägerin die restlichen Flächen aus dem Flächenbestand des ehemaligen Hofes A.

Das FA erließ einen Vorauszahlungsbescheid über die Einkommensteuer für die Jahre
2014 ff, in dem ein Veräußerungsgewinn erfasst wurde. Der gegen den Vorauszahlungssteuerbescheid eingelegte Einspruch der Steuerpflichtigen wurde damit begründet, dass die verkauften Flächen Privat- und kein Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen Betriebs darstellen würden, sodass der Veräußerungsgewinn nicht steuerbar sei. Die Steuerpflichtige begründet Ihren Einspruch damit, dass Ihre Mutter im Jahr des Todes von RS keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geerbt habe. Denn mit der Erbschaft sei es zu einer Zerschlagung des landwirtschaftlichen Betriebs gekommen, bei der die Mutter nur einen unselbstständigen Teil des Betriebs erhalten habe. Insbesondere stellen die erhaltenen Flächen keinen Teilbetrieb i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG dar, sodass die von der Mutter verpachteten Flächen ab dem Zeitpunkt der Erbschaft Privatvermögen seien. Darüber hinaus wurde von der Steuerpflichtigen vorgebracht, dass die parzellenweise Verpachtung nach früherer Auffassung der Finanzverwaltung zu einer Zwangsbetriebsaufgabe geführt habe.

Das FA wies den Einspruch der Steuerpflichtigen als unbegründet zurück. Nach Auffassung des FA können, weil die Flächen in A und B sachlich, organisatorisch und personell von dem Hof in B2 bewirtschaftet wurden, sämtliche Flächen einen landwirtschaftlichen Betrieb darstellen. Durch den Erbfall sei jedoch nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Zerschlagung des Betriebs eingetreten. Denn die Aufteilung der Flächen sei unschädlich, wenn die aufgeteilten Flächen bei jedem Erben einen eigenständigen landwirtschaftlichen Betrieb darstellen. Gegen die Einspruchsentscheidung legte die Steuerpflichtige Klage ein.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage begründet ist. Nach Auffassung des FG stellen die veräußerten Flächen im Zeitpunkt der Veräußerung Privatvermögen dar. Nach Ansicht des FG stellt der vom FS bewirtschaftete Betrieb einen einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb dar, weil die Flächen mit gleichartigen Sachmitteln und Arbeitskrägen bearbeitet wurden, sodass ein wirtschaftlicher, finanzieller und organisatorischer Zusammenhang zwischen den Höfen bestand. Dagegen spricht nach Auffassung des FG nicht, dass die landwirtschaftlichen Flächen in A parzellenweise verpachtet werden.

Dem FG zu Folge ist durch den Erbfall nach FS und der damit verbundenen Aufteilung des Betriebs der Betrieb zerschlagen worden, sodass eine Betriebsaufgabe gegeben war und die Flächen ins Privatvermögen überführt wurden. Denn nach neuerer BFH-Rechtsprechung wird ein landwirtschaftlicher Betrieb aufgegeben, wenn die landwirtschaftlichen Flächen nach dem Tode des Betriebsinhaber auf die Erben aufgeteilt werden oder wenn im Rahmen der vorweggenommen Erbfolge die Betriebsgrundstücke auf mehrere nicht unternehmerisch verbundene Einzelrechtsnachfolger übertragen werden. Veränderungen im Betriebsvermögen, z.B. durch die Entnahme oder Veräußerung von Grundstücken, stehen der Buchwertfortführung i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen, wenn der Betrieb als Sachgesamtheit weiterhin bestehen bleibt. Sofern jedoch ein Betrieb auf verschiedene Rechtsnachfolger aufgeteilt wird und dadurch der Betrieb in mehrere Teile zerrissen wird, hört der Betrieb als selbstständiger Organismus auf zu existieren. Im Streitfall hat der landwirtschaftliche Betrieb des FS durch den Erbfall nach Ansicht des FG aufgehört in seiner Sachgesamtheit „landwirtschaftlicher Betrieb FS“ zu existieren.

Das FG geht im Streitfall davon aus, dass die auf die Mutter der Klägerin übertragenen Flächen seit dem Erbfall Privatvermögen darstellen, sodass die Klägerin von Ihrer Mutter Flächen aus dem Privatvermögen übertragen bekommen hat. Mit der Veräußerung der Flächen im Jahr 2014 sie kein privates Veräußerungsgeschäft bewirkt, weil die Veräußerung mehr als 10 Jahre nach der Anschaffung vorgenommen wurde.

Hinweise

Das Urteil ist beim BFH unter dem Az. VI R 47/17 anhängig. Die ältere BFH-Rechtsprechung vertritt die Auffassung, dass trotz der Teilung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Erbfall keine Zwangsbetriebsaufgabe vorliegt, weil die landwirtschaftliche Betätigung auf verkleinerter Grundlage weiter fortgeführt wird. Basierend darauf haben verschiedene Finanzgerichte die Auffassung vertreten, dass eine Aufteilung eines landwirtschaftlichen Betriebs nicht zu einer Betriebsaufgabe führe, wenn jeder Erbe eine Fläche von einer Mindestgröße von 3.000 qm erhält. Ein weiterer vergleichbarer Sachverhalt ist unter dem Az.: VI R 66/15 beim BFH anhängig.

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