Ermittlung der zulässigen Viehbestandgrenzen bei einer Tierhaltungskooperation

Kernaussage:

Die Vieheinheitengrenze des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b BewG ist unter Einbeziehung der gesamten von den Gesellschaftern regelmäßig genutzten Flächen zu ermitteln. Ist ein Gesellschafter an verschiedenen Tierhaltungsgemeinschaften beteiligt, so fließen die Flächen im Ganzen und nicht nur anteilig bei der Ermittlung der Viehbestandsgrenze ein. Die Verzeichnisse nach § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG sind nicht zwingend zeitnah zu erstellen.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die die Aufzucht von Ferkeln betreibt. Alle Gesellschafter der Klägerin waren Landwirte, die die Voraussetzungen nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a bis c BewG erfüllt haben. Darüber hinaus hatten die Landwirte, die sich aus § 51 Abs. 1a BewG ergebene Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung in Vieheinheiten zum Teil oder im Ganzen auf die Klägerin übertragen. Darüber hinaus waren verschiedene Gesellschafter noch an weiteren Tierhaltungsgemeinschaften i.S.d. § 51a Abs. 1 Satz 1 BewG beteiligt. Die aus der Aufzucht der Ferkel erzielten Einkünfte erklärte die GbR als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.

Die Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2010 kam zu dem Ergebnis, dass ab Juli 2010 keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern aus gewerblicher Tierhaltung erzielt wurden. Denn die Zahl der erzeugten Vieheinheiten habe die Grenze nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b BewG überschritten.  Sofern Landwirte an mehreren Tierhaltungsgesellschaften beteiligt sind, seien die landwirtschaftlich genutzten Flächen nur anteilig zu berücksichtigen. Es könne nur das Verhältnis der auf die Gemeinschaft übertragenen Vieheinheiten zur Gesamtzahl der sich aus den regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen ergebenen Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung, herangezogen werden. Das Finanzamt bewertete die erzeugten Vieheinheiten anhand der Richtlinie R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008, wonach schwere Ferkel (< 30 kg) mit 0,04 Vieheinheiten und leichte Läufer (> 30kg) mit 0,06 Vieheinheiten zu bewerten sind. Darüber hinaus war das Verzeichnis nach § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG von der Betriebsprüfung verworfen worden, da es nicht zeitnah erstellt wurde. Zusätzlich haben die Angaben zur tatsächlichen Erzeugung zum Ende der jeweiligen Wirtschaftsjahre und zu anderweitig vergebenen Vieheinheiten im Verzeichnis gefehlt.

Gegen die geänderten Bescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung und die erstmaligen Gewerbesteuermessbescheide 2010 und 2011 legte die Klägerin Einsprüche ein. Die Einsprüche wurden damit begründet, dass die Tierbestandgrenze nicht überschritten worden sei, weil gemäß dem BFH Urteil vom 28.07.1999 (II R 83/96) eine Abweichung von 10 % von den in der Richtlinie R 13 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 geregelten Werten als unschädlich gilt. Das Durchschnittsgewicht sei bei keiner Lieferung überschritten worden. Darüber hinaus vertrat die Klägerin die Auffassung ein laufendes Verzeichnis läge vor, wenn die Vorgänge in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Entstehung aufgezeichnet worden sind. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang der Führung des Verzeichnis sei hingegen nicht erforderlich. Der Einspruch wurde vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Entscheidung:

Nach Auffassung des FG ist die Klage begründet. Die GbR erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Anzahl der von der Klägerin erzeugten Vieheinheiten hat keine der Grenzen i.S.d. § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a und b BewG überschritten. Die Erzeugergrenze des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a BewG  wurde in den Streitjahren nicht überschritten, da die Anzahl der von der Klägerin erzeugten Vieheinheiten geringer war als die Summe der von den Gesellschaftern auf die Gesellschaft übertragenen Vieheinheiten. Die Prüferin bewertete schwere Ferkel mit 0,04 Vieheinheiten und leichte Läufer mit 0,06 Vieheinheiten. Die Erzeugung sei aber anhand der Vieheinheiten der veräußerten Tiere abzüglich der Vieheinheiten der zugekauften Tiere, zu ermitteln. Deswegen ist für die schweren Ferkel und die leichten Läufer ein Abzug in Höhe von 0,01 Vieheinheiten für die erworbenen Ferkel vorzunehmen.

Ebenfalls wurde die Grenze des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b BewG nicht überschritten. Die Vorschrift sieht vor, dass die Anzahl der erzeugten Vieheinheiten die Summe der Vieheinheiten, die sich nach § 51 Abs. 1a BewG auf der Grundlage der Summe der von den Gesellschaftern regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen ergibt, nicht überschreiten darf. Das Finanzamt hatte die regelmäßig landwirtschaftlich genutzte Fläche nur anteilig berücksichtigt. Eine Begrenzung der Fläche ergibt sich jedoch nicht aus § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b BewG und ist auch hinsichtlich des Zwecks der Regelung nicht anzunehmen.

Darüber hinaus erfüllte das von der Klägerin vorgelegte Verzeichnis ebenfalls die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG. Das Merkmal „laufend“ sei erfüllt, wenn die Vorgänge in ihrer zeitlichen Reihenfolge aufgezeichnet würden. Nach Auffassung des FG erfordert der Nachweiszweck nicht, dass das Verzeichnis zeitnah geführt werden müsse. Denn anhand einer ordnungsgemäßen Buchführung und den zugrundeliegenden Aufzeichnungen kann die fehlende Anzahl der im Wirtschaftsjahr erzeugten Vieheinheiten überprüft werden.

Die Gewerbesteuermessbescheide sind daher aufzuheben und die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sind dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der GbR als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft  festzustellen sind.

Hinweise:

Gegen die Entscheidung hat das FG Revision eingelegt. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. IV R 29/16 anhängig.

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