Einheitliche Leistung bei Pflanzenlieferung mit Einpflanz-, Pflege- und Anwuchsgarantieleistung

Kernaussage

Abzugrenzen war, ob eine Pflanzenlieferung eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende selbstständige Leistung oder eine unselbstständige Nebenleistung zur regelbesteuerten Einpflanz-, Pflege- und Anwachsgarantieleistung darstellt.

Sachverhalt

Der Kläger eine Garten- und Landschaftsbau-GmbH (im Folgenden: GmbH) erhielt mit Vertrag vom 13.05.2009/15.06.2009 den Auftrag, für ein Bauvorhaben sämtliche Bauleistungen des Gewerkes Garten- und Landschaftsbau durchzuführen. Als Pauschalvergütung waren netto 731.771,00 € zuzüglich Umsatzsteuer i. H. v. 139.036,49 € (brutto: 917.036,49 €) vereinbart. Der Vertrag nimmt Bezug auf ein Auftragsleistungsverzeichnis in dem u.a. geregelt war „… Wichtig: Die neu gelieferten Pflanzen werden vom Bauherren zur Verfügung gestellt, der AN erhält 15 % der Pflanzenliefersumme vom Lieferanten. Der AN übernimmt damit dem Bauherren gegenüber die Gewährleistung für das An- und Weiterwachsen der Pflanzen…“. Nachdem eine andere Firma (M) eine Angebot über die Pflanzenlieferung abgebeben hatte, schlossen die GmbH und der Auftragsgeber am 21.12.2009 die Vertragsergänzung Nr. 3 zum Bauvertrag vom 13.05.2009/15.06.2009 ab: „Liefern und Einsetzen der Pflanzen, inkl. Anwachsgarantie gemäß geprüftem Angebot…abzgl. 3 % vereinbarter Nachlass gemäß Angebot Firma M…“. Die GmbH gab am 09.06.2010 ein Angebot zur Lieferung weiterer Pflanzen ab. Sämtliche Pflanzen erwarb die GmbH bei der Firma M. Diese gewährte der GmbH einen Nachlass von 15 % für die Übernahme der Gewährleistung und für das An- und Weiterwachsen der Pflanzen. Die Lieferungen der Pflanzen durch die GmbH an den Auftraggeber erfolgten im Wesentlichen im Streitjahr 2010. Mit Schlussrechnung vom 07.04.2011 rechnete die GmbH ihre Leistungen in Höhe von insgesamt netto 1.129.248,81 € ab. Auf die Pflanzenlieferungen entfielen netto 129.940,00 €, für die die GmbH Umsatzsteuer zu 7 % aufschlug. Für die übrigen Leistungen berechnete die GmbH Umsatzsteuer zu 19 %.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Prüferin in der Folge die Auffassung, die Pflanzenlieferungen seien als Bestandteil einer einheitlichen Leistung dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Das Finanzamt (FA) unterwarf das Entgelt für die Pflanzenlieferungen für das Streitjahr 2010 daher dem Regelsteuersatz zu 19 %. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In der dagegen gerichteten Klage, trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass die Pflanzenlieferung im ursprünglichen Bauvertrag nicht Leistungsgegenstand gewesen, erst 8 Monate später gesondert vereinbart worden und daher von zwei selbständigen Leistungen auszugehen sei.

Entscheidung

Das FG gibt dem Kläger Recht. Die Pflanzenlieferungen und die sonstigen von der GmbH ausgeführten gartenbaulichen Arbeiten stellen keine einheitliche Leistung dar.

Nach der jüngeren BFH-Rechtsprechung, die auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ergangen ist und der der erkennende Senat folgt ist grundsätzlich jeder Umsatz als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistung sind, die das Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern nur das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Das Liefern von Pflanzen und das Einpflanzen bildet regelmäßig keine untrennbare wirtschaftliche Einheit, vielmehr können diese Leistungen getrennt voneinander durchgeführt werden. Nur wenn der Unternehmer neben der Pflanzenlieferung weitere Dienstleistungen erbringt (z.B. Planungsleistungen, Grabpflegeleistungen), die das Lieferungselement qualitativ überwiegen und der Gesamtleistung das Gepräge geben, handelt es sich um eine einheitliche sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Ob eine solche einheitliche sonstige Leistung vorliegt, beurteilt sich im Wesentlichen nach dem Interesse des Leistungsempfängers.

Nach den diesen Grundsätzen liegt nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens keine einheitliche sonstige Leistung vor. Es fehlt schon am Merkmal der Einheitlichkeit, denn die gartenbaulichen Arbeiten und die Pflanzenlieferungen sind in getrennten Verträgen und zeitversetzt vereinbart und durchgeführt worden. Anders als bei Grabpflegeleistungen oder bei der Erstellung einer Gartenanlage hatte der Leistungsempfänger im Streitfall zunächst kein Interesse, von der GmbH ein Gesamtleistungspaket zu erhalten. Die GmbH sollte nach den vertraglichen Vereinbarungen zunächst ausschließlich die gartenbaulichen Arbeiten ohne Pflanzenlieferung durchführen. Erst ca. 6 Monate nach Abschluss des Bauvertrags kamen man überein, dass die Pflanzenlieferungen auch von der GmbH ausgeführt werden sollten. Diese Pflanzenlieferungen sollten ursprünglich von der Firma M erfolgen. Wenn es bei diesem Lieferverhältnis geblieben wäre, bestünden keine Zweifel am ermäßigten Steuersatz der Pflanzenlieferung. Der Umstand, dass nunmehr die GmbH anstatt der Firma M die Pflanzenlieferungen durchgeführt hat, kann am steuerlichen Charakter der Leistung nichts ändern.

Hinweis

Dem vorgenannten Ergebnis steht nach Ansicht des FG auch nicht das BMF-Schreiben vom 04.02.2010 (BStBl 2010 I, S. 214) entgegen. Dort wird eine einheitliche sonstige Leistung angenommen, wenn neben der Lieferung von Pflanzen weitere wesentliche Dienstleistungselemente hinzukommen, die aus der Sicht des Leistungsempfängers dem Leistungsbündel das Gepräge geben. Im Streitfall liegt aber gar kein Leistungsbündel vor. Vielmehr hat die GmbH verschiedene selbständige Leistungen an die G erbracht, die zunächst auch von verschiedenen Unternehmern erbracht werden sollten und die in getrennten Verträgen zeitlich versetzt vereinbart wurden.

Nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde durch das FA, ist die Revision unter dem Az. V R 22/17 beim BFH anhängig.

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