Keine Möglichkeit zur Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG bei Grundstücksüberlassung an pauschalierende Betriebe

Kernaussage

Bei der Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an einen pauschalierenden Landwirt ist eine Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG, nach Ansicht des FG Niedersachsen, ausgeschlossen.

Sachverhalt

Das Unternehmen des Klägers besteht in der Verpachtung eines Rinderboxenlaufstalls mit Melkkarussell sowie eines Kälberaufzuchtstalls an eine zwischen ihm und seiner Ehefrau bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der Kläger hatte erklärt, auf die Steuerfreiheit der durch die Verpachtung erzielten Umsätze nach § 4 Nr. 12 UStG nach § 9 Abs. 1 UStG zu verzichten. Der Stall wurde an die GbR verpachtet. Die GbR unterhielt im Streitjahr einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Umsätze der Pauschalierung gemäß § 24 UStG unterlagen. Das Finanzamt gelangte zu der Auffassung, dass sich eine ortsübliche Pacht für den Stall nicht feststellen lasse. Daher sei die Mindestbemessungsgrundlage anzuwenden, sodass es entsprechend einen geänderten Umsatzsteuerbescheid erließ.

Da der dagegen eingelegte Einspruch ohne Erfolg blieb, erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Klage.

Entscheidung

Das FG Niedersachsen entschied, dass die Klage unbegründet und das Finanzamt zu Unrecht angenommen hat, dass die hier vorliegenden Verpachtungsumsätze nicht nach § 4 Nr. 12 a UStG umsatzsteuerfrei sind. Dies führt dazu, dass der Kläger aus dem Bezug von Leistungen für die Errichtung des Stalls keinen Vorsteuerabzug beanspruchen kann. Da der dem Kläger zu Unrecht gewährte Vorsteuerabzug die Höhe der versteuerten Verpachtungsumsätze übersteigt, wird der Kläger jedoch durch den angegriffenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Eine Verböserung ist im finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen.

Die – hier vorliegenden – Verpachtungsumsätze sind nach § 4 Nr. 12a UStG grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Der Kläger hat nach Ansicht des FG nicht wirksam zur Steuerpflicht der an die zwischen ihm und seiner Ehefrau bestehenden GbR geleisteten Vermietungsumsätze optieren können. Nach § 9 Abs. 1 UStG kann ein Unternehmer zwar zur Umsatzsteuer optieren, wenn die Vermietungsumsätze an einen anderen Unternehmer, für dessen Unternehmen ausgeführt werden. Jedoch ist der Verzicht auf die Steuerfreiheit bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 9 Abs. 2 UStG auf solche Fälle beschränkt, in denen der Leistungsempfänger das Grundstück oder Grundstücksteile ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen nachzuweisen.

Das FG ist der Rechtsauffassung, dass bei der Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an einen Landwirt, der – wie im Streitfall – seine Umsätze nach den Durchschnittssätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe versteuert und demnach nur einen „pauschalen Vorsteuerabzug“ nach § 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 geltend machen kann, deshalb die Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist.

Nach anderer Ansicht (u.a. Abschnitt 9.2 Abs. 2 UStAE) bleibt trotz Pauschalisierung nach § 24 Abs. 1 UStG der Vorsteuerabzug dem Grunde nach bestehen, so dass eine Option zur Steuerpflicht möglich sein soll. Damit wären Vorschaltmodelle weiterhin möglich, in denen sowohl die pauschalierten Vorsteuern beim Landwirt, als auch die tatsächlichen Vorsteuern aus Investitionsumsätzen bei dem vorgeschalteten Vermieter abzugsfähig wären. Dies wiederspricht jedoch nach Ansicht des FG der Intention des § 9 Abs. 2 UStG, der gerade künstliche bzw. missbräuchliche Gestaltungen im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug ausschließen will.

Im Übrigen gehe die Finanzverwaltung in anderem Zusammenhang auch davon aus, dass Pauschallandwirte, keine zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer seien (Abschn. 10.7. Abs. 6 Satz 4 UStAE, neu gefasst durch BMF vom 23. Februar 2016, BStBl I 2016, 240).

Hinweis

Mit dieser Entscheidung teilt das FG Niedersachsen die Rechtsauffassung des FG München (Urteil v. 05.04.2016 – 2 K 1767/13 rkr). Da die Entscheidung von der Rechtsprechung anderer Gerichte (z.B. FG Niedersachen, Beschluss v. 23.11.2000 – 5 Ko 14/00; FG Baden-Württemberg v. 26.01.2005 – 12 K 493/00) und der Auffassung der FinVerw (Abschnitt 9.2 Abs. 2 UStAE) abweicht, wurde die Revision zugelassen und ist unter den Az. V R 35/17 beim BFH anhängig.

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