Sonderausgabenabzug bei variablen Altenteilzahlungen

Kernaussage

Altenteilzahlungen im Gegenzug zu einer Betriebsübertragung sind auch dann nach §10 Abs.1 Nr.1a EStG als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn die vereinbarten Leistungen während der Lebensdauer des Altenteils der Höhe nach nicht konstant bleiben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die der Höhe nach unterschiedlichen Leistungen auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhen und nicht getrennt voneinander vereinbart worden sind.

Sachverhalt

Die Kläger werden als Ehegatten zur ESt des Streitjahrs 2012 zusammenveranlagt. Die Eltern der Klägerin (K), übergaben der K mit notariell beurkundetem Übergabevertrag vom 22.02.2012 ihr gesamtes landwirtschaftliches Anwesen einschließlich aller gesetzlichen Bestandteile und des Zubehörs sowie den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb mit allen Aktiva und Passiva. Sowohl K als auch die Eltern verpflichteten sich zugleich zur Zahlung von Gleichstellungsgeldern an die beiden Schwestern der K. Unter „§6 – Vorbehaltsrechte“ waren Wohnungs- und Mitbenutzungsrechte zugunsten der Eltern vereinbart. §6 Ziff.3 des Übergabevertrags war mit „Dauernde Last“ überschrieben und lautete auszugsweise wie folgt:

„Frau Y (die Klägerin) zahlt an Frau A. Z. und Herrn X. Z. ab März 2012 einen monatlichen Betrag in folgender Höhe: 1. auf die Dauer der ersten 5 Jahre ab Beginn der Zahlung jeweils 600,00 €, 2. danach bis zum Lebensende 300,00 €. Dem überlebenden Elternteil steht die Summe allein und ungeschmälert zu.“

Ab März 2012 zahlte K an ihre Eltern monatlich 600 €. In ihrer gemeinsamen ESt-Erklärung machte die K Geldleistungen für zehn Monate zu je 600 € mit insgesamt 6.000 € als Sonderausgaben in Gestalt von Altenteil-Versorgungsleistungen steuerlich geltend. Der Beklagte (FA) berücksichtigte im EStB vom 19.03.2014 nur einen Teilbetrag von 3.000 €. Die Altenteilsleistungen würden nur in Höhe von 300 € pro Monat anerkannt. Diese Zahlungen stellten nur insoweit Versorgungsleistungen dar, als sie auf Lebenszeit des Empfängers gezahlt würden. Das Merkmal „lebenslang“ ergebe sich direkt aus dem Gesetzeswortlaut des §10 Abs.1 Nr.1a des EStG, der für Übertragungen ab dem 01.01.2008 gelte.

Die K erhob Einspruch und wies darauf hin, dass aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht ersichtlich sei, dass das Baraltenteil lebenslang in gleicher Höhe zu gewähren sein. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Wiederkehrende Leistungen seien nur dann Versorgungsleistungen, wenn sie auf die Lebenszeit des Empfängers gezahlt würden. Dieses Merkmal ergebe sich direkt aus dem Gesetzeswortlaut. Bei Hofübergaben nach dem 31.12.2007 sei von Beginn an nur der Betrag anzuerkennen, welcher lebenslänglich gewährt werde. Dies seien im Streitfall nur 300 € je Monat.

Entscheidung

Das FG gab der Klage statt und stellte fest, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des §10 Abs.1 Nr.1a EStG erfüllt sind. Nach Überzeugung des FG lässt sich aus dem Tatbestandsmerkmal der „lebenslangen und wiederkehrenden“ Versorgungsleistungen nicht herleiten, dass die vereinbarten Leistungen der Höhe nach innerhalb des gesamten Zeitraums konstant bleiben müssen. Ausreichend ist, dass sämtliche Zahlungen auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhen und dass die Zahlungen ausschließlich für die Dauer der Lebenszeit des versorgten Altenteilers zu erbringen sind.

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers besteht der Hauptanwendungsfall der Vorschrift in der Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Die Vermögensübergabe werde in diesen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen als ein Vorgang des Familien- und Erbrechts angesehen, der in der Regel unentgeltlich erfolge. Im Grundfall der Vermögensübergabe übertrügen die Eltern zu Lebzeiten einen Betrieb auf ihre Kinder. Die Kinder verpflichteten sich im Gegenzug, eine monatliche Geldrente zu leisten, die sich am Versorgungsbedürfnis der Eltern orientiere. Daher seien die beiderseitigen Leistungen in der Regel nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgewogen. Die Versorgungsleistungen könnten jedoch von den Kindern als Sonderausgaben abgezogen werden und seien bei den Eltern als sonstige Einkünfte zu versteuern, wenn das übertragene Vermögen ausreichend Erträge abwerfe. Diese Regelung erleichtere die Übergabe von Betrieben an die nächste Generation.

Für den Streitfall folgt daraus, dass die Zahlungen der K in Höhe von 6.000 € und nicht, wie vom FA angenommen, in Höhe von 3.000 € zum Sonderausgabenabzug zuzulassen sind. Der im Übergabevertrag genannte und in einer einheitlichen Regelung mit gleichbleibendem Rechtsgrund vereinbarte Geldbetrag ist von der K wiederkehrend und – bezogen auf das Leben ihrer Eltern – auch lebenslang zu bezahlen. Der angefochtene EStB für 2012 war daher insoweit abzuändern, als der Sonderausgabenabzug um 3.000 € zu erhöhen war.

Hinweis

Die Revision wurde zugelassen, da höchstrichterliche Rechtsprechung zu der streitigen Rechtsfrage bislang nicht vorliegt.

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