§ 6b und mittelbare Grundstückschenkung

Kernaussage

Eine im Rahmen der Betriebsübertragung mitübertragene 6b-Rücklage kann nicht auf ein im Wege der mittelbaren Grundstücksschenkung erworbenes bzw. hergestelltes Gebäude übertragen werden.

Sachverhalt

Der Kläger L ist Landwirt. Mit notariellem Hofübergabevertrag übernahm L den landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und Buchwertfortführung gemäß § 7 Abs. 1 EStDV von seiner Mutter. Der Buchwertübergang umfasste dabei eine von der Mutter gebildete Rücklage gemäß § 6b EStG für Bodenveräußerungsgewinne. Mit Schenkungsvertrag von gleichen Tag erhielt L von seiner Mutter einen Geldbetrag in Höhe von 600.000 DM unter der Auflage, diesen Betrag innerhalb einer Frist von zwei Jahren für die Herstellung eines Wohnhauses zu verwenden. Das Geld wurde entsprechend der Auflage verwendet und ein Mietwohnhaus errichtet. Schenkungsteuerrechtlich wurde die Übertragung des Geldes, entsprechend der ausdrücklichen Bezeichnung im Schenkungsvertrag, als mittelbare Grundstücksschenkung behandelt. Ertragssteuerrechtlich übertrug L die Rücklage nach § 6b EStG auf die Herstellungskosten des Wohnhauses. Infolge der Reinvestition und einer weiteren Auflösung war die Rücklage nach § 6b EStG nicht mehr vorhanden. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Vorgang auch ertragsteuerlich als (mittelbare) Grundstücksschenkung zu behandeln sei. Die Herstellung des Hauses sei der Mutter des L zuzurechnen, soweit diese die Herstellungskosten getragen habe. Soweit L infolge der mittelbaren Grundstücksschenkung keine eigenen Herstellungskosten getragen habe, komme eine Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG nicht in Betracht und das Grundstück sei als Einlage gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit den Herstellungskosten zu bewerten. Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung

Das Niedersächsische Finanzgericht folgt in seiner Entscheidung der Ansicht des Finanzamtes (FA). Es vermochte in der Ablehnung des Antrages auf abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO keinen Ermessenfehler des FA zu erkennen. Eine Ermessenreduzierung auf Null, die die von L begehrte Billigkeitsmaßnahme indiziert, lag nicht vor.
Das FA hatte zunächst zutreffend festgestellt, dass der BFH in der Entscheidung vom 23.04.2009 (IX R 9/06) klargestellt hat, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung auch im Rahmen des § 6b EStG Geltung finden. Hieraus folgte, dass für die gemäß § 6b EStG gebildete Rücklage, die im Wege der Betriebsübergabe auf den L übergegangen war, eine Übertragung der Rücklage auf die Herstellungskosten des nach Betriebsübergabe – im Wege der mittelbaren Grundstücksschenkung - errichteten Wohnhauses ausschied, da diese mangels eigenen Aufwands des L kein Reinvestitionsobjekt im Sinne der Vorschrift darstellten.

Das FA habe in diesem Zusammenhang ermessensfehlerfrei daraufhin gewiesen, dass der hieraus folgende Verlust der steuerlichen Vergünstigung nicht auf einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Tatbestandes, sondern auf einer von den Beteiligten bewusst gewählten Gestaltung basiert, infolge derer bis zur Schenkung keine Zweckbindung der Gelder mehr an den Betrieb bestand und diese durch die Mutter des L jederzeit hätten anderweitig verwendet werden können. Die hieraus gezogene Schlussfolgerung des FA, dass eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit des tatsächlichen und des hypothetischen Sachverhalts nicht gegeben sei und damit eine sachliche Unbilligkeit im Sinne des § 163 AO nicht angenommen werden könne, wenn der L die Rücklage nach § 6b EStG nicht übertragen, sondern erfolgswirksam auflösen müsse, lasse keinen Ermessensfehlgebrauch erkennen. Das Gericht sieht vorliegend auch keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null bei dessen Vorliegen das Gericht berechtigt wäre, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde zu setzen und nach § 101 Satz 1 FGO eine Verpflichtung zum Erlass auszusprechen. Die Voraussetzungen für die Anordnung der vom L begehrten Billigkeitsmaßnahme in der Form der einzig richtigen und damit im Einzelfall einzig zulässigen Entscheidung, liegen im Streitfall nicht vor. Das Gericht vermochte nicht festzustellen, dass infolge eines Gesetzesüberhangs die Festsetzung der Einkommensteuer des L, in der vom Finanzamt vorgenommenen und von der Norm des § 6b EStG gedeckten Weise, den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie im Einzelfall unbillig erscheint. Denn Mutter und Sohn standen vorliegend verschiedene Sachverhaltsgestaltungen zur Verfügung, die zum Eintritt des von L begehrten wirtschaftlichen Erfolges und dem Erhalt der Steuervergünstigung geführt hätten. Die von den Beteiligten gewählte Variante führte hingegen zum Ausschluss der Steuervergünstigung nach § 6b EStG. Der erkennende Senat vermochte nicht festzustellen, dass der Gesetzgeber, wäre ihm die Problematik bewusst gewesen, diese zwingend im Sinne des L entschieden hätte. Denn das Ziel des § 6b EStG, die Erlöse aus den Grundstücksverkäufen für Investitionen im Betrieb sicherzustellen, war infolge der Überführung der Geldmittel ins Privatvermögen der Mutter, bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr gewährleistet.

Hinweis

Die Revision wurde im Hinblick auf die im Rahmen des obiter dictums erfolgten Ausführungen des BFH in der Entscheidung vom 23.04.2009 (IV R 9/06, BFHE 225, 15, BStBl II 2010, 664) zur Problematik wirtschaftslenkender Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen der Rechtsfortbildung zugelassen. Der BFH könnte im Revisionsverfahren klarstellen, ob und ggfs. unter welchen Umständen er eine abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 AO infolge einer Ermessensreduzierung auf Null bei der Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG auf ein im Wege mittelbarer Grundstücksschenkung erworbenes Grundstück oder hergestelltes Gebäude für zwingend ansieht.

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