Aktivierung von Feldinventar

Kernaussage

Die im Rahmen der Gewinnfeststellung getroffene Billigkeitsmaßnahme, von der Aktivierung des Feldinventars abzusehen, wirkt auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GbR, unterhielt in den Streitjahren einen landwirtschaftlichen Betrieb. Daneben vermietete sie landwirtschaftliche Maschinen. Den Gewinn aus der gesamten Tätigkeit ermittelte die GbR durch Betriebsvermögensvergleich. Dabei sah sie von der Aktivierung des Feldinventars (auf den Feldern vorhandene Pflanzenbestände) ab (Hinweis auf R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2005, jetzt Abs. 3 Satz 1 EStR 2012).

Das FA stellte die Einkünfte der GbR für die Streitjahre zunächst erklärungsgemäß als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft fest. Nach einer Außenprüfung ging es jedoch davon aus, dass die GbR aus der Maschinenvermietung gewerbliche Einkünfte bezogen habe. Weil nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (\"Abfärbe-/Infektionstheorie\") auch die landwirtschaftlichen Einkünfte der Klägerin als solche aus Gewerbebetrieb gelten würden, stehe ihr das Aktivierungswahlrecht für das Feldinventar nach R 14 Abs. 2 Satz 3 EStR 2005 nicht zu. Demzufolge sei das Feldinventar gewinnwirksam zu aktivieren. Entsprechend erließ das Finanzamt für die Streitjahre geänderte Gewinnfeststellungsbescheide und erstmalige GewSt-Messbescheide

Die Klage der GbR gegen die Gewinnfeststellungsbescheide erledigte sich später durch stattgebende Änderungsbescheide. Das FA erkannte an, dass das Feldinventar nicht zu aktivieren sei. Denn über die Zulässigkeit der Nichtaktivierung sei durch konkludente Billigkeitsentscheidung in den ursprünglichen Gewinnfeststellungsbescheiden bestandskräftig entschieden worden.

Das FG wies die Klage gegen die Gewerbesteuermessbescheide ab. Die mit den Gewinnfeststellungsbescheiden der Streitjahre verbundene bestandskräftige Billigkeitsentscheidung habe keine Bindungswirkung für die Gewerbesteuermessbescheide.

Entscheidung

Der BFH gab der Revision der Klägerin statt und verwies die Sache zur anderen Entscheidung an das FG zurück. Das FG habe zu Unrecht entschieden, dass die Klägerin bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewerbeertrags gemäß § 7 Satz 1 GewStG abweichend von der Ermittlung des Gewinns bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb das Feldinventar aktivieren müsse.

Die Billigkeitsentscheidung des Finanzamtes, wonach die GbR bei der Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Grundlage für die Einkommensteuerfestsetzung von der Aktivierung des Feldinventars absehen konnte, wirkt gemäß § 184 Abs. 2 Satz 2 AO auch für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags. Denn insoweit handelt es sich um eine Billigkeitsregelung nach Maßnahme des § 163 S. 2 AO (jetzt § 163 Abs. 1 S. 2 AO), die gem. § 184 Abs. 2 S. 2 AO, soweit sie die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Steuer vom Einkommen beeinflusst, auch für den Gewerbeertrag als Grundlage des Gewerbesteuermessbetrags wirkt.

Die Rechtsgrundlage für die Billigkeitsmaßnahme ist nicht § 163 Abs. 1 Satz 1 AO (§ 163 Satz 1 AO a. F.). Eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO betrifft eine niedrigere Steuerfestsetzung und die Nichtberücksichtigung einzelner Besteuerungsgrundlagen. Diese Maßnahme gewährt einen auf Dauer verbleibenden und nicht in einem späteren Veranlagungszeitraum wieder ausgeglichenen Steuervorteil.

Anders ist es bei einer Billigkeitsentscheidung § 163 Abs. 1 Satz 2 AO (§ 163 Satz 2 AO a. F.). Diese führt lediglich zu einer Verschiebung in eine zurückliegende oder spätere Periode. Die Besteuerungsgrundlagen bleiben daher nicht dauerhaft unberücksichtigt. Die Periodenverschiebung hat nur stundungsähnlichen Charakter. Im Streitfall handelt es sich um eine solche Billigkeitsmaßnahme i. S. v. § 163 Abs. 1 Satz 2 AO. Mit dem Aktivierungswahlrecht für das Feldinventar wird die Möglichkeit eingeräumt, die Gewinnermittlung insoweit nicht nach dem Betriebsvermögensvergleich, sondern nach Einnahmen-Überschuss-Rechnung-Grundsätzen zu ermitteln. Der Totalgewinn wird dadurch nicht beeinflusst. Die Besteuerungsfolgen werden lediglich in einen anderen Besteuerungszeitraum verschoben.

§ 184 Abs. 2 Satz 2 AO nimmt auf § 163 Abs. 1 Satz 2 AO Bezug und bestimmt, dass eine solche Billigkeitsmaßnahme auch für den Gewerbeertrag wirkt. Da die Billigkeitsentscheidung des FA ihre Rechtsgrundlage nicht in Satz 1, sondern in Satz 2 des § 163 Abs. 1 AO hat, nimmt die Maßnahme an der Bindungswirkung teil. Wegen fehlender Feststellungen zur Höhe des Gewerbeertrags hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück.

Hinweis

Der BFH hatte allerdings noch im Urteil vom 12.12.2013 (IV R 31/10, BFH/NV 2014, 514 (Rz. 25)) ohne weitere Begründung die Auffassung vertreten, bei der Möglichkeit, von der Aktivierung des Feldinventars abzusehen, handele es sich um eine Billigkeitsmaßnahme i. S. v. § 163 Satz 1 AO. Daran hält der BFH nunmehr nicht mehr fest. Der BFH lässt im Übrigen ausdrücklich offen, ob an seiner Rechtsprechung auch nach der Neuregelung in R 14 Abs. 3 EStR 2012, also für Billigkeitsentscheidungen, die auf der ab 2012 geltenden Richtlinienbestimmung beruhen, festzuhalten ist.

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