Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken

Kernaussage

Eine Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken unterfällt der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG auch dann, wenn die Einsteller weder Landwirte sind noch selbst über landwirtschaftliche Flächen verfügen.

Sachverhalt

Der Landwirt L betrieb im Jahr 2005 eine Pferdezucht mit 30 eigenen Pferden. Zusätzlich unterhielt er eine Pferdepension für ca. 70 Pferde. Im Rahmen dieser Pension bot er folgende Dienstleistungen an: Belegung der Stuten durch künstliche Besamung, Abfohlung, Aufzucht und Ausbildung der Fohlen, Präsentation und Ausbildung für Pferdeschauen und Leistungsprüfungen, Beratung über die Zuchtmöglichkeiten, Betreuung (Futter, Stall, Auslauf, Tierarzt) sowie Hilfe beim Kauf oder Verkauf von Pferden. L schloss mit den jeweiligen Pferdeeinstellern Pensionsverträge ab. Der monatliche Pensionspreis betrug durchschnittlich 185 € pro Stute. Sofern zusätzliche Leistungen voN L oder von Dritten (z. B. Hufschmied) erbracht wurden, wurden diese jeweils gesondert in Rechnung gestellt. Die Tierärzte rechneten ihre Leistungen regelmäßig unmittelbar gegenüber den Pferdeeinstellern ab. Zu den Kunden des L zählten Landwirte, gewerbliche Pferdezüchter sowie Privatpersonen aus dem In- und Ausland.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden die von L an Nichtlandwirte erbrachten Dienstleistungen als einheitliche Pensionsleistung beurteilt und der Regelbesteuerung unterworfen. Auf die Umsätze aus der Unterbringung von Pferden, deren Eigentümer Land- und Forstwirte sind, billigte der Prüfer die Durchschnittssatzbesteuerung. Nach erfolglosem Einspruch wurde die als unbegründet abgewiesen. Auf die Revision des L hat der BFH mit Revisionsurteil vom 21.01.2015 (XI R 13/13) das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. In dem Revisionsurteil entschied der BFH, dass auch Umsätze an Nichtunternehmer (Endverbraucher) der (pauschalen) Umsatzbesteuerung nach Durchschnittssätzen unterliegen könnten. Eine Beschränkung des Pauschalausgleichs auf Land- und Forstwirte als Dienstleistungsempfänger sei in den unionsrechtlichen Vorgaben nicht enthalten. Der BFH konnte nicht durcherkennen, weil das FG --ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu Recht-- bislang noch keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob --und ggf. in welchem Umfang-- die Pensionspferde (Stuten und Fohlen) von den Einstellern zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gehalten wurden. Soweit dies der Fall sei, hätte das FG zu prüfen, ob L die Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken mithilfe von Wirtschaftsgütern erbracht hat, die seinem normalen Ausrüstungsbestand zuzurechnen waren bzw. hierfür Wirtschaftsgüter verwendet hat, die nicht dem betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnen waren.

Entscheidung

Im zweiten Rechtsgang kommt das FG zum Ergebnis, dass die von L betriebene Pferdepension zu Zuchtzwecken in vollem Umfang der Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG unterfällt.


Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten insbesondere Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Dazu gehört insbesondere "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh". Eine Einschränkung der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG bei Dienstleistungen dahingehend, dass diese an Land- oder Forstwirte erbracht werden müssen, hält der BFH nicht für gerechtfertigt. Eine derartige Begrenzung des Anwendungsbereichs der Pauschalbesteuerung lässt sich weder den unionsrechtlichen Vorgaben noch den einschlägigen nationalen Bestimmungen entnehmen.

Zwar tragen Dienstleistungen an Nichtlandwirte (z. B. Ausbringung von Klärschlämmen, Pflege von Sportplätzen, Überlassung von Wirtschaftsgütern und Personalgestellung an Gewerbetreibende, Winterdienst für die Gemeinde) normalerweise nicht zur landwirtschaftlichen Erzeugung bei, wie dies nach den unionsrechtlichen Vorgaben vorausgesetzt wird. Das gilt auch für einen Pensionspferdebetrieb eines Landwirts, ist aber anders, wenn nicht private Reit- und Sportpferde, sondern landwirtschaftlich (oder forstwirtschaftlich) genutzte Pferde eingestellt werden.

Danach scheidet bei einer Pensionshaltung von Pferden die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung aus, wenn die betreuten Pferde aus privaten Gründen zu Freizeitzwecken gehalten werden, nicht aber dann, wenn die Pferde von ihren Haltern - ausnahmsweise - zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden. Dasselbe gilt bei der streitbefangenen "Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken".

Die vom Kläger gegenüber den Einstellern der Pferde erbrachten Zucht- und Pensionsleistungen sind als einheitliche Dienstleistungen i. S. von § 3 Abs. 9 UStG zu qualifizieren. Dass die Pensionsleistungen und die zusätzlich erbrachten Zuchtleistungen getrennt voneinander abgerechnet wurden, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Die Vorgabe des BFH, dass die Einsteller (Leistungsempfänger) keine Land- und Forstwirte sein müssen, die von ihnen empfangenen Leistungen (Zuchtleistungen als einheitliche Leistung) aber gleichwohl zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden müssen, erscheint nicht eindeutig und auf den ersten Blick widersprüchlich. Die Finanzverwaltung versteht die Äußerung des BFH dahingehend, dass die Durchschnittssatzbesteuerung nur anwendbar sei, wenn der Leistungsempfänger seinerseits eine Erzeugertätigkeit in Verbindung mit einer Bodenbewirtschaftung ausübe. Der Kläger L ist demgegenüber der Ansicht, dass nach dem BFH-Urteil allein entscheidungserheblich sei, ob die übertragene Aufgaben (hier: Pensions- und Zuchtleistungen) dem Grunde nach land- oder forstwirtschaftliche Dienstleistungen darstellen, ohne dass weitere Voraussetzungen in der Person der Einsteller (z. B. eigene Bodenbewirtschaftung) für die Pauschalbesteuerung erfüllt sein müssten. Das FG hat sich insoweit der Auffassung des Klägers angeschlossen und begründet dies damit, dass als landwirtschaftliche Dienstleistungen nach Unionsrecht die Leistungen gelten, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger vorgenommen werden, u.a. gehört dazu "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh". Diesen unionsrechtlichen Vorgaben lässt sich nach Ansicht des FG weder entnehmen, dass der Leistungsempfänger Land- und Forstwirt sein muss, noch, dass er selbst eine Bodenbewirtschaftung betreiben muss. Voraussetzung für die Anwendung der Pauschalbesteuerung sei vielmehr, dass die landwirtschaftliche Dienstleistung von einem landwirtschaftlichen Erzeugen vorgenommen wird. Dies ist vorliegend beim Kläger als leistendem Unternehmer der Fall. Bei diesem liegen auch unter Berücksichtigung der für die Pensionspferde erforderlichen Vieheinheiten die Voraussetzungen einer landwirtschaftlichen Erzeugung mit eigener Bodenbewirtschaftung vor.

Eine andere Beurteilung wäre mit dem Wesen der Umsatzsteuer nicht vereinbar und in der Praxis auch nicht handhabbar, da der Kläger regelmäßig keine Kenntnis darüber habe, ob die Einsteller ihrerseits über land- und forstwirtschaftliche Flächen verfügten. Die Umsatzsteuer ist nach unionsrechtlichem Verständnis eine Verbrauchssteuer. Sie ist tätigkeitsbezogen. Über die Steuerbarkeit und -pflicht der Leistung ist nach objektiven Kriterien und im Voraus zu bestimmen, damit für den Leistenden bei Ausführung der Leistung klar erkennbar und vorhersehbar ist, ob die von ihm erbrachte Leistung der Besteuerung unterfällt. Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Besteuerung davon abhängig gemacht würde, ob der Leistungsempfänger seinerseits selbst land- und forstwirtschaftlichen Flächen vorhält oder zu ermitteln wäre, aus welchen Gründen die Einsteller die Zuchtleistungen vom Kläger vornehmen lassen.

Darüber hinaus hat der Kläger die Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken mithilfe von Wirtschaftsgütern erbracht hat, die seinem normalen Ausrüstungsbestand zuzurechnen sind. Er nutzt sämtliche Wirtschaftsgüter in vollem Umfang als landwirtschaftlicher Erzeuger. Unstreitig ist angesichts des Zahlenverhältnisses zwischen eigenen Zuchtstuten und fremden Zuchtstuten (30% zu 70%), dass bestimmte Ausrüstungsgegenstände ausschließlich für Pensionspferde genutzt wurden (z. B. Boxen und Zaumzeug). Dieser Umstand führt aber nicht zu einem für die Pauschalbesteuerung schädlichen Überbestand an Ausrüstungsgegenständen, sondern ist allein der Erzeugertätigkeit des Klägers geschuldet. Diese beschränkt sich eben nicht auf die eigenen Tiere, sondern umfasst zugleich die Pensionstiere mit der Folge, dass auch für letztere eine ordnungsgemäße und tiergerechte Bestallung und Versorgung mit eigenen Boxen, eigenem Zaumzeug etc. zu erfolgen hat.

Hinweis

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt (Az.BFH: XI R 12/16).

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