Abschreibungen bei einer Biogasanlage

Kernaussage

Das FG Münster hat Stellung zur Aktivierung einer Biogasanlage als einheitliches Wirtschaftsgut sowie zu deren Abschreibung genommen.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige ist eine GmbH & Co. KG, deren Unternehmensgegenstand die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung und Verwertung regenerativer Energien, insbesondere von Biogasanlagen, war. Im Jahr 2010 errichtete die Steuerpflichtige auf dem Grundstück eines Gesellschafters eine Biogasanlage. In der Gewinnermittlung für die Jahre 2010 bis 2012 machte die Steuerpflichtige Abschreibungen für die Bestandteile der Biogasanlage geltend. Dabei legte die Steuerpflichtige verschiedene Nutzungsdauern (Bandbreite von 10 bis 20 Jahre) für die unterschiedlichen Bestandteile (z.B. Behälter, Transformator, Wärmetrasse, Trockner und Blitzschutz) der Biogasanlage zu Grunde. Die Betriebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 legte eine einheitliche Nutzungsdauer von 16 Jahre für alle Bestandteile der Biogasanlage zugrunde. Gegen die Änderungsbescheide legte die Steuerpflichtige erfolglos Einspruch ein, sodass die Steuerpflichtige gegen die Einspruchsentscheidung Klage eingelegt hat.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage überwiegend begründet ist. Nach dem Einzelbewertungsgrundsatz gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, der über das Maßgeblichkeitsprinzip ebenfalls in der Steuerbilanz Anwendung findet, sind die Wirtschaftsgüter einzeln zu bewerten. Ein Wirtschaftsgut ist dabei nach ständiger Rechtsprechung jeder greifbare betriebliche Vorteil, für den der Erwerber eines Betriebs etwas aufwendet. Wird eine bewegliche Sache mit einer oder mehreren anderen beweglichen Sachen verbunden oder zu einer Anlage zusammengefasst, so ist dem FG zufolge, zu entscheiden, ob es sich bei den einzelnen Gegenständen jeweils um selbständige Wirtschaftsgüter, oder um einen unselbständigen Teil des anderen Wirtschaftsguts handelt.

Eine Verbindung, die eine selbstständige Bewertung ausschließt, ist nach Ansicht des FG anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter über die einheitliche Zweckbestimmung hinaus in der Weise miteinander verflochten werden, dass durch die Abtrennung eines der Teile entweder für den einzelnen Gegenstand oder das Gesamtwirtschaftsgut, die Nutzbarkeit für den Betrieb verloren gehen würde. Im Streitfall kommt das FG zu dem Entschluss, dass die Anwendung dieser Grundsätze dazu führt, dass die Biogasanlage ein Wirtschaftsgut im Sinne einer nicht teilbaren Einheit darstellt. Das Wirtschaftsgut setze sich dabei aus den folgenden Komponenten zusammen: Fermenter, Behälter für die Gärreste, Abdeckungen, Steuerungs- und Regelungstechnik, Netzanbindung, Wärmetechnik, Notkühler, mechanische Fördertechnik, Wärmetrasse, Messtechnik, Blockheizkraftwerk, Transformator und Gasfackel.

Davon abweichend seien das Technikgebäude, die Zuwegung, die Siloplatte, die Fahrzeugwaage, der Trockner und der Blitzschutz im Streitfall als selbstständige Wirtschaftsgüter zu bewerten.

Die im Streitjahr 2011 geltende AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig Landwirtschaft und Tierzucht sieht als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer Biogasanlage 16 Jahre vor. Aufgrund der Besonderheiten im Streitfall sei jedoch, dem FG zufolge, eine von der AfA-Tabelle abweichende Bewertung vorzunehmen. Denn die Steuerpflichtige konnte durch ein Gutachten glaubhaft machen, dass sich die Biogasanlage im Streitfall erheblich von anderen Biogasanlagen unterscheidet. Denn die AfA-Tabelle berücksichtige nicht die Entwicklungen der letzten 15-20 Jahre, sodass eine neuere Biogasanlage sich erheblich in technischer und baulicher Sicht von einer damaligen Anlage unterscheide. Daher schätze das FG die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Biogasanlage im Streitfall auf 10 Jahre.

Zudem nahm das FG im Streitfall eine Umbewertung der Nutzungsdauer für die Siloplatte von 10 auf 14 Jahre und für die Fahrzeugwaage von 10 auf 15 Jahre vor.

Hinweis

Die Revision wurde, weil kein Revisionsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO gegeben sei, nicht zugelassen. Das FG wendet im Streitfall die BFH-Rechtsprechung, wonach die betriebliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes abweichend von der AfA-Tabelle geschätzt werden kann, an.

Im Streitfall hatte sich die Steuerpflichtige ursprünglich auf die Verlautbarung des HLBS-Steuerausschusses berufen und die Biogasanlage in verschiedene selbständige Wirtschaftsgüter aufgeteilt und entsprechend unterschiedlich abgeschrieben. Dies wurde durch ein von ihr beauftragtes Gutachten unterstützt. Das FG hatte selber ein Gutachten beauftragt und kam im Rahmen von dessen Auswertung zum dargestellten Ergebnis. Grundsätzlich folgt es damit der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, dass eine Biogasanlage ein einheitliches Wirtschaftsgut, bestehend aus einer Vielzahl von Komponenten darstellt, hält jedoch die in der AfA-Tabelle Landwirtschaft vorgegebene Nutzungsdauer von 16 Jahren für nicht sachgerecht, da sie im Streitfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde.

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