Generationsübergreifende Totalgewinnprognose bei Übertragung eines Landwirtschaftsbetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt

Kernaussage

Der BFH hatte zu entscheiden, ob bei einer Übertragung eines Landwirtschaftsbetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt die Totalgewinnprognose auf die Dauer des Nießbrauchsvorbehalts zu begrenzen oder generationsübergreifend vorzunehmen ist.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtigen im Streitfall waren Eheleute, die zunächst einen landwirtschaftlichen Ackerbau mit Milchkuhhaltung, Mast und Zuchtbetrieb für Schweine und Rinder führten und seit 1997 eine landwirtschaftliche Pferdepension unterhielten. Im Jahr 2000 übertrugen die Steuerpflichtigen den Betrieb auf ihren Sohn und behielten sich für fünf Jahre ein Nießbrauchrecht vor. Im Rahmen der für die Jahre 1998 und 2001 durchgeführten Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) wurde von der Landwirtschaftskammer eine Wirtschaftlichkeitsberechnung angefertigt. Dem Finanzgericht lagen hierzu zwei Fassungen vom Juli 2003 vor. Die eine Fassung kam zu dem Entschluss, dass der kalkulierte Verlust bei einer Preiserhöhung um mindestens 27,77 € pro Pferd ausgeglichen werden könnte. Die zweite Fassung wies einen Gewinn aus, der bei voller Stallauslastung erzielt werden würde. Beide Berichte schlossen damit, dass die Betriebsstruktur und das Marktumfeld günstig seien. Auch der landwirtschaftliche Sachverständige des Finanzamts kam in seinem Bericht, der auf den Berichten der Landwirtschaftsammer basierte, zu dem Entschluss, dass aufgrund geänderter Pensionsverträge eine Gewinnerzielung möglich sei.

Im Jahr 2006 wurde eine weitere GKBP durchgeführt, die zu dem Ergebnis kam, dass der Betrieb bei einer Betriebsdauer von 45 Jahren zu einem ausgeglichenen Ergebnis gelangen würde. Die vom Steuerpflichtigen erwirtschafteten Verluste seien nicht zur berücksichtigen, weil keine Gewinnerzielungsabsicht gegeben sei. Insbesondere sei aufgrund des Nießbrauchsrechts die Prognose der Gewinnerzielungsabsicht auf die Dauer des Nießbrauchs zu beschränken. Daraufhin erließ das Finanzamt geänderte Einkommensteuerbescheide. Im Klageverfahren verneinte das FG die Gewinnerzielungsabsicht. Der BFH hob diese Entscheidung auf, weil die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Rahmen eines gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren zu ermitteln seien. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung ergingen ohne Berücksichtigung der Verluste aus Land- und Forstwirtschaft, wogegen erfolglos Einspruch eingelegt wurde. Daraufhin wurde erfolgreich Klage beim FG eingelegt. Das Finanzamt legte jedoch Revision gegen die Entscheidung ein.

Entscheidung

Der BFH hat im jetzigen Verfahren entschieden, dass die Revision des FA begründet ist. Das FG hat zwar dem BFH zufolge zu Recht entschieden, dass eine generationsübergreifende Totalgewinnprognose auch bei einem Vorbehaltsnießbrauch vorliegen kann. Das Urteil wird aber an das FG zurückverwiesen, da aufgrund der Feststellungen des FG keine Beurteilung vorgenommen werden könne, ob die Pferdepension geeignet gewesen ist Gewinne zu erzielen.

Ein landwirtschaftlicher Betrieb hat dann eine Gewinnerzielungsabsicht, wenn er einer selbständigen nachhaltigen Betätigung nachgeht, die mit Absicht Gewinne zu erzielen betrieben wird. Dabei ist die Gewinnerzielungsabsicht das Bestreben das Betriebsvermögen zu mehren und auf die Dauer einen Totalgewinn zu erzielen, d.h. dass das zwischen der Betriebsgründung und der Betriebsbeendigung ein positives Ergebnis angestrebt wird. Der Totalgewinn setzt sich dabei aus in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden Ergebnissen zusammen, sowie aus dem Veräußerungs- bzw. Aufgabeergebnis. Nach ständiger BFH–Rechtsprechung ist bei einem landwirtschaftlichen Betrieb regelmäßig davon auszugehen, dass die Totalgewinnperiode objektbezogen und daher mehr als eine Generation umfassen muss.

Im Streitfall kann der BFH unter Berücksichtigung der zuvor aufgeführten Grundsätze nicht beurteilen, ob die Pferdepension für eine Gewinnerzielung geeignet ist. Das FG hat jedoch nach Auffassung des BFH zu Recht entschieden, dass die Totalgewinnprognose generationsübergreifend unter Einbeziehung des Rechtsnachfolgers zu erfolgen hat. Eine Beschränkung auf die Verlustphase während des Vorbehaltsnießbrauchs sei nicht vorzunehmen. Die durch den Nießbrauch entstehende doppelte Betriebsstruktur in Form eines ruhenden Eigentümerbetriebs und eines wirtschaftlichen Betriebs steht dem BFH zufolge nicht der generationsübergreifenden Totalgewinnprognose entgegen. Denn die Einkünfte stehen, mit Ausnahme der Einkünfte aus der Veräußerung von Anlagevermögen, weiterhin dem bisherigen Eigentümer zu. Demnach sind im Streitfall für die Totalgewinnprognose sämtliche Betriebe, d.h. auch der ursprüngliche Eigentümerbetrieb, der ruhende Eigentümerbetrieb sowie der wirtschaftliche Eigentümerbetrieb des Sohnes einzubeziehen.

Der BFH kann die Entscheidung des FG, dass der Betrieb im Streitfall in der Lage ist einen Totalgewinn zu erzielen, aufgrund der aufgelaufenen Verluste nicht erkennen. Insbesondere habe das FG keine belastbare Schätzung unter Berücksichtigung der angefallenen Verluste, sowie der künftigen Ertragsentwicklungen und einem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn vorgenommen. Deswegen müsse das FG im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Pferdepension in der Lage war die Verluste durch künftige Gewinne zu kompensieren, sodass ein Totalgewinn möglich wäre. Sofern das FG zu dem Entschluss kommt, dass die Totalgewinnprognose negativ ausfällt, muss dem BFH zufolge im zweiten Schritt geprüft werden, ob die Verluste als Anlaufverluste zur berücksichtigen sind.

Hinweis

Der BFH konnte sich im Streitfall nicht ohne weiteres auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Landwirtschaftskammer stützen, weil der Bericht erst nachträglich im Zusammenhang mit der Außenprüfung eingeholt wurde. Zudem enthielten die kalkulierten Ergebnisse im Bericht gravierende Abweichungen von den erwirtschafteten Verlusten. Der BFH konnte daher nicht erkennen, auf welcher Grundlage die Landwirtschaftskammer zu ihrer günstigen Prognose gekommen ist.

Mit dieser Entscheidung bestätigt der BFH seine generationsübergreifende Totalgewinnprognose, die er in 2016 zu Übertragung eines Forstbetriebs gegen Nießbrauchvorbehalt getroffen hat auch für die übrige Landwirtschaft.

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