Vorsicht beim „Stehenlassen“ von Gesellschafterforderungen

Kernaussage

Forderungen gegen ein verbundenes Unternehmen müssen umgehend gerichtlich geltend gemacht werden - andernfalls droht die Nachrangigkeit.

Sachverhalt

Das Kammergericht Berlin hatte zu entscheiden, ob eine Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen ist. Die Klägerin war im Jahreszeitraum vor der Insolvenzantragstellung mit über 10 % an der nun insolventen M-GmbH beteiligt und erbrachte für diese Werbeleistungen. Trotz mehrfacher Mahnungen erfolgte kein Ausgleich dieser Forderungen. Im Vorfeld des Insolvenzantrags schrieb die Klägerin an die M-GmbH im Rahmen von Verhandlungen über Rangrücktritte, dass sie der M-GmbH „genügend Zeit einräumen“ werde für eine Übergangsfinanzierung.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Kammergericht qualifizierte die Forderung als nachrangige Forderung aus Gesellschafterdarlehen bzw. wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlungen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Zwar hat die Klägerin versucht, ihre Forderungen außergerichtlich durchzusetzen und die Leistungen auch eingestellt. Eine gerichtliche Durchsetzung wurde jedoch nicht betrieben. Hinzu kommt, dass die Klägerin in Kenntnis der finanziellen Lage der M-GmbH in den Verhandlungen zum Ausdruck gebracht hat, dass sie der M-GmbH zur Begleichung der Forderung genügend Zeit einräumen werde. Dies sei als „Stehenlassen“ der Forderung anzusehen und damit einer Darlehensgewährung gleichwertig. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Konsequenz

Sachverhalte, die der Hingabe eines Darlehens durch Gesellschafter wirtschaftlich ähneln, sind vielgestaltig und werden von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Da dem „Stehenlassen“ nicht entgegen steht, dass die Forderung außergerichtlich geltend gemacht wird, bleibt dem Gläubiger nur der Gang zu Gericht. Andernfalls ist die Forderung eines Gesellschafters nachrangig. Das Erfordernis eines umgehenden gerichtlichen Vorgehens ist hervorzuheben, da gegebenenfalls auch gegen andere Schuldner nicht sofort gerichtlich vorgegangen wird. Das Risiko liegt für den Gesellschafter darin, dass er anstatt in Höhe der Insolvenzquote nur nachrangig befriedigt wird und die Forderung damit häufig komplett ausfällt. Zusätzlich ist zu beachten, dass auch bereits beglichene Forderungen dem Nachrang unterfallen und Gegenstand einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter sein können.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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