Koordinierter Ländererlass zum reformierten Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Kernpunkte des Erlasses

In dem Ländererlass nimmt die Finanzverwaltung, im Einnehmen mit den obersten Landesbehörden aller Länder mit Ausnahme von Bayern, nun Stellung zu diversen, bislang ungeklärten Rechtsfragen im Rahmen der neuen Verschonungsregelungen für Unternehmensvermögen.

Grundsätzlich vertritt die Finanzverwaltung äußerst restriktive Auffassungen, die in vielerlei Hinsicht auf großes Misstrauen aufseiten des Gesetzgebers hindeuten.

So ist die erhoffte Entschärfung des 90-Prozent-Tests ausgeblieben. Danach entfallen sämtliche Verschonungsmöglichkeiten für das Unternehmensvermögen, wenn es zu mindestens 90 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Für die Ermittlung wird nach dem Gesetzeswortlaut der Bruttowert des Verwaltungsvermögens (auch bei Finanzmitteln ohne Schuldenverrechnung und ohne Abzug des 15-prozentigen Sockelbetrags etc.) mit dem Netto-Unternehmenswert verglichen. Dieser Brutto-Netto-Vergleich stellt für den Steuerpflichtigen eine erhebliche Härte dar und kann bei Unternehmen mit hohen Forderungsbeständen zu einem Wegfall der Vergünstigungen führen.

Ebenso restriktiv erscheint der zeitliche Anwendungsbereich der Verschonungsregelungen bei Großerwerben von über 26 Mio. €, bei denen die Verschonungen nur eingeschränkt zur Anwendung kommen. Nach Ansicht der Finanzverwaltung werden auch erbschaft- und schenkungsteuerliche Erwerbe vor dem 1.7.2016 und sogar vor dem 1.1.2009 in die Zusammenrechnung der Erwerbe miteinbezogen.

Zu begrüßen ist die Auffassung der Finanzverwaltung hingegen im Rahmen der Investitionsklausel für Verwaltungsvermögen. Diese ermöglicht, dass die Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Verwaltungsvermögen rückwirkend entfällt, wenn der Erwerber von Todes wegen innerhalb von zwei Jahren nach Entstehung der Steuer Investitionen in Gegenstände, die einer originär gewerblichen Tätigkeit dienen, nach einem vom Erblasser verfassten Plan tätigt. Die Finanzverwaltung erweiterte die Klausel nun insofern, dass Investitionspläne der Geschäftsleitung dem Erblasser zugerechnet werden können.

Auf eine etwaig kritisch zu beurteilende Zulässigkeit des rückwirkenden Inkrafttretens des reformierten Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes geht die Finanzverwaltung nicht ein.

Hinweis

Im Interesse der Einheitlichkeit der Steuerhebung war es bislang üblich, dass sich die Gesamtheit der Bundesländer bei der Anwendung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes abstimmte. Der koordinierte Ländererlass ist jedoch nun explizit nicht im Einvernehmen mit der obersten Bayerischen Finanzbehörde erschienen. Insofern ist die Bayerische Finanzverwaltung auch nicht inhaltlich an den Ländererlass gebunden. Eine im Rahmen unterschiedlicher Ländererlasse abweichende Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes wäre (verfassungs-)rechtlich bedenklich. Das weitere Vorgehen der obersten Bayerischen Finanzbehörde bleibt in dieser Sache mit Spannung abzuwarten.

Dr. Andreas Rohde

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

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