Einsichtnahme in das Transparenzregister – stärkerer Schutz persönlicher Daten

Transparenzregister: Urteil des EuGH zum Schutz persönlicher Daten

Jede Eintragung eines wirtschaftlich Berechtigten in das Transparenzregister führt automatisch zur Offenlegung seiner personenbezogenen Daten. Diese zum Teil sensiblen Daten, insbesondere die Angabe zu Beteiligungsverhältnissen, waren längere Zeit für jedermann im Transparenzregister voraussetzungslos online einsehbar, wenngleich zumindest der Wohnort und das konkrete Geburtsdatum der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt wurden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Ende 2022 aber die der Regelung zugrunde liegende Richtlinie in entscheidenden Punkten für unzulässig erklärt. Das deutsche Transparenzregister hat zwischenzeitlich auf das Urteil reagiert und die Möglichkeit zur Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit bis auf Weiteres beschränkt.

Regelungen zur Einsichtnahme in das Transparenzregister

Seit 2017 sieht das Geldwäschegesetz (GwG) vor, dass die zum Transparenzregister gemeldeten Daten von Behörden, Gerichten und anderen Institutionen abgerufen werden können. Daneben sind seit 2021 auch die Mitglieder der Öffentlichkeit jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen berechtigt, die Daten im Transparenzregister – mit Ausnahme des konkreten Geburtsdatums und des Wohnorts – online einzusehen. Diese auf einer Richtlinie der Europäischen Union beruhende Regelung soll eine umfassende Transparenz von wirtschaftlichen Beteiligungen schaffen. Bis dahin forderte das Gesetz für die Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit ein sogenanntes berechtigtes Interesse. Diese Beschränkung wurde aufgrund europarechtlicher Vorgaben mit der Gesetzesänderung im Jahr 2021 fallen gelassen. 

An der seither unbeschränkten Verfügbarkeit persönlicher Daten gab es bereits seit Schaffung der zugrunde liegenden EU-Geldwäscherichtlinie Kritik. Die Kritiker:innen befürchten, dass die personenbezogenen Daten des Transparenzregisters für andere Zwecke als die vom Gesetzgeber gewünschten verwendet werden könnten. Insbesondere könnten hierdurch Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Lage einer Person gezogen werden. 

EuGH hält unbeschränkte Einsichtnahme für unverhältnismäßig

Diese Kritik hat der EuGH in seinem Urteil vom 22.11.2022 aufgegriffen. Darin bestätigt er, dass die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten in einem Transparenzregister – in den entschiedenen Fällen war das luxemburgische Transparenzregister betroffen – einen nicht gerechtfertigten Eingriff in den Schutz des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten nach Art. 7 und Art. 8 der EU-Grundrechtecharta darstellt. Die im Transparenzregister für die Öffentlichkeit verfügbaren Daten könnten ohne Beschränkung des Zugriffs durch die Allgemeinheit ausgelesen und zu Profilen, insbesondere zur wirtschaftlichen Situation einer Person, zusammengeführt werden. Daneben könne es zu einer missbräuchlichen Speicherung und Verwendung der Daten durch Dritte kommen, die die betroffene Person nicht mehr beeinflussen könne. Es sei für sie hierdurch umso schwieriger, den Umgang mit diesen  Daten zu kontrollieren und missbräuchliche Nutzungen der vorhandenen Informationen zu ihren Vermögensverhältnissen zu verhindern.

Zugleich übt der EuGH Kritik an der Begründung der Geldwäscherichtlinie. Für die gewünschte Kontrolle von Finanzströmen und der Integrität des Finanzwesens reiche eine Beschränkung des Zugriffs auf Daten im Transparenzregister auf Behörden und sonstige Verpflichtete (z.B. Kreditinstitute). Sofern die Öffentlichkeit ebenfalls eine Kontrollfunktion übernehmen solle, sei es im Interesse des Schutzes der Betroffenen erforderlich, den Zugriff auf die Registerdaten an ein berechtigtes Interesse zu knüpfen. Ein solches stehe beispielsweise Pressevertreter:innen zu. Eine weitergehende Öffnung des Registers sei für die verfolgten Zwecke nicht nötig. 

Der EuGH erachtet den Eingriff in die Rechte des Einzelnen durch unbeschränkte Einsichtnahme der Öffentlichkeit in das Transparenzregister für unverhältnismäßig und hat die Regelung in der betreffenden Richtlinie daher für unwirksam erklärt. 

Kein umfassender Schutz der Daten – treffen Sie im Bedarfsfall selbst Vorsorge

Der EuGH hat mit seinem Urteil nur einen Teil der Geldwäscherichtlinie für ungültig erklärt. Die Pflicht zur Meldung der wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister wurde nicht infrage gestellt. Vielmehr wurde das Transparenzregister als Mittel zur Schaffung von Transparenz im Wirtschaftsverkehr bestätigt. Die Pflicht eingetragener Gesellschaften, Vereine und Stiftungen, aktiv und zeitnah ihre wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister zu melden, besteht daher fort. 

Es ist zu erwarten, dass es aufgrund des Urteils im Gesetz wieder ausdrücklich eine Begrenzung der Einsicht in das Transparenzregister geben wird. Die genaue Ausgestaltung dieser Begrenzung ist noch unklar. Es ist jedoch zu erwarten, dass der Gesetzgeber wieder auf die alte Regelung zur Einsichtnahme zurückgreifen und das Vorliegen eines berechtigten Interesses für die Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit verlangen wird. 

Das Transparenzregister selbst hat bereits entsprechend reagiert und seine Verwaltungspraxis an das Urteil des EuGH angepasst. Dort ist bei Einsichtnahme durch Mitglieder der Öffentlichkeit inzwischen ein berechtigtes Interesse darzulegen. 

Eine durch den Gesetzgeber oder die zuständigen Stellen eingeführte Begrenzung der Einsichtnahme in das Transparenzregister für die Öffentlichkeit wird jedoch keinen umfassenden Schutz der wirtschaftlich Berechtigten vor dem Bekanntwerden ihrer persönlichen Daten bieten. Das früher verlangte berechtigte Interesse an der Einsichtnahme wurde beispielsweise regelmäßig bereits für recherchierende Journalist:innen bejaht.

Wer als wirtschaftlich Berechtigter in jedem Fall verhindern möchte, dass die Öffentlichkeit sämtliche ihn betreffenden Daten einsehen kann, kann bereits heute Vorsorge treffen. Es besteht die Möglichkeit, die Offenlegung weiterer Informationen gegenüber der Allgemeinheit zu verhindern. Erforderlich ist hierzu ein zu begründender Antrag an das Transparenzregister. Eine Befreiung wird sodann im Rahmen einer Einzelfallprüfung gewährt, wenn die Offenlegung der Informationen bei abstrakter Betrachtung den jeweiligen wirtschaftlich Berechtigten in die Gefahr einer gegen ihn gerichteten Straftat (z.B. Erpressungen oder Entführungen) bringen kann.

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Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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