Bundesfinanzhof konkretisiert Begriff des herrschenden Unternehmens

Grunderwerbsteuerbefreiung durch Anwendung der Konzernklausel

Grundsätzlich unterliegen der Grunderwerbsteuer Übertragungen von inländischen Grundstücken. Zur Vermeidung missbräuchlicher Umgehungsstrategien durch Nutzung von Unternehmensmänteln (sogenannte Share Deals) hat der Gesetzgeber in der Vergangenheit eine Reihe von Ergänzungstatbeständen implementiert, durch die auch bei Übertragung von Gesellschaftsanteilen Grunderwerbsteuer entstehen kann. Obgleich es sich hierbei dem Grunde nach um Missbrauchsvermeidungsnormen handelt, werden auch nicht missbräuchliche, rein konzerninterne Transaktionen von den Share-Deal-Tatbeständen erfasst. Abhilfe soll in diesem Kontext jedoch die in § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) verankerte grunderwerbsteuerliche Konzernklausel schaffen, die konzerninterne Grundstücks- und Anteilsübertragungen unter gewissen Voraussetzungen von der Grunderwerbsteuer befreit. Die Auslegung einzelner Voraussetzungen der bereits in der Vergangenheit umstrittenen Konzernklausel ist indes weiterhin unklar. Im Hinblick auf die Bestimmung des herrschenden Unternehmens bringt das am 28.9.2022 ergangene und jüngst veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs nun Klarheit.

Bestimmung des herrschenden Unternehmens

Die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG erfordert, dass an dem Vorgang, der die Grunderwerbsteuer auslöst, ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Herrschendes Unternehmen ist nach dem Gesetzeswortlaut eine Gesellschaft, die innerhalb einer Vor- und Nachbehaltensfrist eine Beteiligungsquote von 95 % an den am Rechtsvorgang beteiligten abhängigen Gesellschaften erfüllt. 

In mehrstufigen Beteiligungsstrukturen gilt dabei nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung der oberste Rechtsträger, der die Vor- und Nachbehaltensfristen erfüllt, als herrschendes Unternehmen. Dies hat insbesondere Folgen für Strukturveränderungen, die innerhalb der Nachbehaltensfrist vorgenommen werden sollen. Durch ein solches Abstellen auf die Konzernspitze können Umstrukturierungen in der gesamten Beteiligungskette zu einem Verstoß gegen die Nachbehaltensfrist führen. 

Dem ist der Bundesfinanzhof nun entgegengetreten und hat geurteilt, dass grundsätzlich das am steuerbaren Umwandlungsvorgang unmittelbar beteiligte Unternehmen als herrschendes Unternehmen anzusehen ist. Wird danach in einem dreistufigen Konzern mit Mutter-, Tochter- und Enkelgesellschaft die Enkelgesellschaft auf die Tochtergesellschaft verschmolzen, ist die Tochtergesellschaft in einem solchen Fall das herrschende Unternehmen, die Enkelgesellschaft die abhängige Gesellschaft. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ist es dabei unerheblich, dass die Tochtergesellschaft selbst von der Muttergesellschaft abhängig ist.

Reaktion der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten

Das Urteil des Bundesfinanzhofs bringt Klarheit und ist insoweit zu begrüßen. Ob die Finanzverwaltung die Urteilsgrundsätze über den Einzelfall hinaus zur Anwendung bringen wird, bleibt indes abzuwarten. Dabei ist nicht auszuschließen, dass das Urteil Anlass gibt, die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung durch eine entsprechende Gesetzesänderung zu kodifizieren. 

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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Stefan Hamacher, LL.M.

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