Entscheidungen für Arbeitnehmer: Arbeitszimmer, zusammengeballte Überstundenvergütung und Preisgeld

Häusliches Arbeitszimmer muss für die Tätigkeit nicht erforderlich sein

Bereits mit Urteil vom 3.4.2019 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen voraussetzt. Es genügt für den Abzug als Werbungskosten, dass der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird.

Das kam im Streitfall einer Flugbegleiterin zugute, die ein 13,5 m2 großes Arbeitszimmer in ihrem Einfamilienhaus mit 148 m2 Wohnfläche nutzte. Für die dort verrichteten Arbeiten stand unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, denn sie verbrachte ihre Arbeitszeit an 134 Reisetagen ausschließlich „in der Luft“, was zum Abzug von 1.250 € als Werbungskosten berechtigte. Das Finanzgericht war im Klageverfahren nach der Nichtanerkennung durch das Finanzamt der Ansicht, angesichts des sehr geringen Anteils der Arbeiten im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit sei das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht erforderlich, da diese Arbeiten auch andernorts (z.B. am Küchentisch) hätten ausgeführt werden können.

Dem aber folgte der Bundesfinanzhof nicht, denn das Gesetz regele, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar seien. Insoweit typisiere das Gesetz die Erforderlichkeit der beruflichen oder betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers für die Fälle, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe oder das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Betätigung bilde, ohne den Begriff der Erforderlichkeit zu einer zu überprüfenden Voraussetzung für den Abzug zu machen. Ob der Steuerpflichtige die Arbeiten, für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, leicht an einem anderen Ort in der Wohnung – am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum – hätte erledigen können, sei deshalb unerheblich.

Den Urteilsfall macht aktuell, dass die Finanzverwaltung diesen nach drei Jahren „Bedenkzeit“ am 9.5.2022 für allgemein anwendbar erklärt und zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt vorgesehen hat. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich vergleichbare Fälle hierauf berufen und auf positive Entscheidungen hoffen dürfen. Es bleibt aber das Problem, das Finanzamt im Rahmen der Beweislast davon zu überzeugen, dass allerhöchstens ein unerheblicher Anteil der Nutzung des Arbeitszimmers auf andere private Tätigkeiten entfällt.

Steuerermäßigung für zusammengeballte Überstundenvergütungen

Mit Pressemitteilung vom 24.3.2022 hat der Bundesfinanzhof auf sein Urteil vom 2.12.2021 hingewiesen, in dem er für nachgezahlte Überstundenvergütungen den ermäßigten Steuersatz zugelassen hat. Diese betrafen einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten, das heißt, sie waren veranlagungszeitraumübergreifend. Der Entscheidung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Gesetzgeber nicht gewollte Steuermehrbelastungen durch den Progressionseffekt vermeiden möchte, wenn Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit nicht laufend, sondern in einer Summe ausgezahlt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Gesetz die Besteuerung der Nachzahlungen mit einem ermäßigten Steuersatz vor. Das setzt allerdings voraus, dass sich die Nachzahlung auf die Vergütung für eine Tätigkeit bezieht, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

Im Streitfall hatte ein Arbeitnehmer über einen Zeitraum von drei Jahren etwa 330 Überstunden geleistet. Erst im vierten Jahr wurden ihm die Überstunden in einer Summe vergütet. In der Anlage N der Einkommensteuererklärung beantragte der Arbeitnehmer die Ermäßigung durch Eintrag unter „Entschädigungen/Arbeitslohn für mehrere Jahre“. Dennoch unterwarf das Finanzamt die Überstundenvergütung dem normalen Einkommensteuertarif. Wie bereits zuvor das Finanzgericht folgte auch der Bundesfinanzhof dem Antrag des Arbeitnehmers und wandte auf den Nachzahlungsbetrag den ermäßigten Steuertarif an. In seiner Entscheidung hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die Tarifermäßigung nicht nur auf die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch auf Nachzahlungen von variablen Lohnbestandteilen – wie Überstundenvergütungen – Anwendung findet. Es sei allein entscheidend, ob die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet worden ist. In anderen Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof zudem einen wirtschaftlich vernünftigen Grund für die Zusammenballung gefordert. Im Streitfall war das unproblematisch, weil die Abgeltung der Überstunden aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte.

Forschungspreisgeld als Arbeitslohn eines Hochschulprofessors

Die Steuerermäßigung für mehrjährige Tätigkeit wurde auch einem Hochschulprofessor gewährt, der ein Forschungspreisgeld für bestimmte wissenschaftliche Leistungen in seinem Forschungsbereich erhielt. Das war jedoch nicht Streitgegenstand, sondern die Steuerpflicht an sich, die das Finanzgericht Münster in einem Urteil vom 16.3.2022 bejahte und das Preisgeld als steuerpflichtigen Arbeitslohn ansah.

Im Rahmen eines Habilitationsvorhabens in den Jahren 2006 bis 2016 veröffentlichte der Akademiker insgesamt acht Publikationen zu seinem Forschungsfeld. Bereits im Jahr 2014 wurde er zum Professor an eine (Fach-)Hochschule berufen, für die eine Habilitation keine Voraussetzung war. Für seine im Jahr 2016 durch eine Universität anerkannte Habilitation erhielt er im Streitjahr 2018 einen mit einem Geldbetrag dotierten Forschungspreis, den das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2018 den nicht selbstständigen Einkünften zuordnete. Das im Hinweisfeld der Steuererklärung angegebene Preisgeld war nach Auffassung des Professors nicht steuerbar, da der Erhalt des Forschungspreises nicht an sein Dienstverhältnis gekoppelt gewesen sei und sich auch nicht als Gegenleistung für seine Arbeit als Professor darstelle, da die Erlangung des Forschungspreises keine Dienstaufgabe sei.

Die Finanzrichter:innen wiesen die Klage ab, weil auch Preise und die damit verbundene Dotation zu Erwerbseinnahmen und damit zu Arbeitslohn führten, wenn die Zuwendung wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts habe. Als privat veranlasst seien dagegen Preise zu beurteilen, die für das Lebenswerk, die Persönlichkeit oder das Gesamtschaffen verliehen würden. Im Streitfall stelle sich der Erhalt des Preisgeldes im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Klägers als Professor bei der (Fach-)Hochschule dar, da Forschung und die Publikation von Forschungsergebnissen zu den Dienstaufgaben als Hochschullehrer gehörten. Damit bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Habilitation als wissenschaftlicher Forschungsleistung und dem Dienstverhältnis. Dem stehe die zeitlich vor der Zuerkennung der Habilitation liegende Berufung an die (Fach-)Hochschule nicht entgegen, denn die Habilitation habe die berufliche Tätigkeit als Professor gefördert. Das letzte Wort scheint aber noch nicht gesprochen, denn wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.

Arbeitszimmer, Bundesfinanzhof vom 3.4.2019, VI R 46/17 (zur Veröffentlichung im BStBl Teil II vorgesehen; Überstundenvergütungen, Bundesfinanzhof vom 2.12.2021, VI R 23/19; Forschungspreisgeld Finanzgericht Münster vom 16.3.2022, 13 K 1398/20 E

Dr. Lutz Engelsing

Steuerberater

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