Vertrauensurlaub – sinnvoll oder Quelle von Risiken?

Was ist Vertrauensurlaub?

Vertrauensurlaub ist selbstbestimmter Urlaub. Die Arbeitnehmer:innen entscheiden selbst, wie viele Tage Urlaub sie nehmen möchten, und stimmen sich diesbezüglich mit den Kolleg:innen ab. Insbesondere in Start-ups wird der Vertrauensurlaub schon seit einiger Zeit gelebt und erhält positive Resonanz. Das Ziel des Modells ist es, Arbeitnehmer:innen an den Arbeitgeber zu binden, sodass es zu weniger Krankheitsfällen und Kündigungen kommt. Die Arbeitsmotivation soll so gesteigert und Bewerber:innen angezogen werden. Nicht zuletzt führt der Vertrauensurlaub zu einer Verringerung des Planungs- und Genehmigungsaufwands für den Arbeitgeber.

Welche Risiken birgt das Modell?

Arbeitgeber befürchten, durch die Einführung von Vertrauensurlaub ein Missbrauchsrisiko zu schaffen. Anzumerken ist, dass das Risiko, dass Arbeitnehmer:innen keinen oder zumindest weniger Urlaub als gesetzlich vorgegeben nehmen, genauso groß ist. Dadurch läuft der Arbeitgeber Gefahr, gegen zwingende Arbeitsschutzbestimmungen zu verstoßen, wodurch ein Bußgeld- oder sogar ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet werden kann.

Was ist bei der Einführung von Vertrauensurlaub zu berücksichtigen?

Den zu befürchtenden Risiken kann man durch arbeitsvertragliche Regelungen, Richtlinien oder Betriebsvereinbarungen entgegenwirken. Es ist wichtig, festzulegen, dass ein Minimum an Urlaubstagen in Höhe des gesetzlichen Urlaubs nach § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) zu nehmen ist, um die Arbeitsschutzbestimmungen einzuhalten. Damit der Arbeitgeber einen Überblick erhält und im Zweifel seiner Hinweispflicht hinsichtlich der Einhaltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nachkommen kann, sollte man eine Dokumentationspflicht und eine Frist für die Ankündigung in Textform festlegen. Zur Vermeidung des Missbrauchsrisikos könnte eine Maximalbegrenzung erfolgen und eine Regelung dazu, wie lange am Stück und in welchen Abständen Urlaub genommen werden darf. Ferner ist es ratsam, den Urlaub im Zeitraum bis zum Ablauf der Probezeit, nach langer Krankheit oder nach Ausspruch einer Kündigung auszuschließen. Dies dient dazu, eine eigenmächtige Verlängerung der Entgeltfortzahlung und Unklarheiten hinsichtlich der Abgeltung offener Urlaubsansprüche zu vermeiden. Die Übertragung von Urlaub in ein Folgejahr sollte nur hinsichtlich des Mindesturlaubs und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen möglich sein, damit sich der Urlaubsanspruch nicht ohne Weiteres erhöht.

Trotz umfassender Gestaltung kann sich der Vertrauensurlaub als problematisch erweisen. Für den Fall, dass der Arbeitgeber wieder zum klassischen Urlaubsmodell zurückkehren möchte, sollte im Vorhinein ein Widerrufsvorbehalt geregelt werden, in dem die Gründe für eine mögliche Abkehr vom Vertrauensurlaub niedergeschrieben sein sollten.

Auf kollektivrechtlicher Ebene ist des Weiteren daran zu denken, sich bei dem Vorhaben möglichst früh an den Betriebsrat zu wenden. Dieser hat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze.

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Michael Huth

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