Auflösung von Verträgen: Schadensersatz oder Umsatzerlös?

Hintergrund

Werden Verträge vorzeitig aufgelöst und in diesem Zusammenhang „Abfindungszahlungen“ vereinbart, so stellt sich die Frage, ob diese der Umsatzsteuer unterliegen. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt, dass eine genaue und differenzierte Betrachtung nötig ist.

Wo liegt das Problem?

Abhängig vom Anlass kann die Zahlung nicht steuerbaren Schadensersatz oder Entgelt für die vertraglich vereinbarte Leistung bzw. für die Zustimmung zur Auflösung des Vertrags darstellen. Fehlbeurteilungen können für beide Vertragsparteien teuer werden. Rechnet der Leistende fälschlicherweise mit Umsatzsteuer ab, so steht dem Kunden kein Vorsteuerabzug zu. Kunden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, präferieren im Zweifel die Lösung Schadensersatz. Lässt sich der Leistende hierauf ein und es ist kein Schadensersatz, ist zu klären, wer die Mehrbelastung trägt.

Fall

Der Kläger war Landschaftsarchitekt und übernahm für den X-Kreis die Gestaltung von Freiflächen für zwei Schulen. Am 16.8.2016 teilte der X-Kreis dem Kläger mit, dass das Projekt für eine Schule aus finanziellen Gründen nicht mehr realisiert wird, und bat um eine Schlussrechnung. Diese erstellte der Kläger am 2.1.2017 (310.000 €). Die Kündigung des Vertrags erfolgte am 28.2.2017. Am 27.3.2017 einigten sich die Parteien darauf, dass dem Kläger noch 23.000 € für erbrachte Leistungen und 52.000 € Ausfallhonorar zustehen. Strittig war die Behandlung des Ausfallhonorars. Das Niedersächsische Finanzgericht stimmte dem Finanzamt zu und behandelte das Ausfallhonorar als steuerpflichtiges Entgelt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof stellt zunächst die Grundsätze dar. Demnach setzt die Besteuerung einer Leistung das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen erbrachter Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Demgegenüber stellen Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen kein Entgelt dar, wenn die Zahlung nicht für eine erbrachte Leistung erfolgt, sondern der Zahlende gesetzlich oder vertraglich für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Vergütungen, die Unternehmer nach Kündigung oder vertraglicher Auflösung eines Werklieferungsvertrags erhalten, ohne das teilweise vollendete Werk geliefert zu haben, sind kein Entgelt. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sind die Aussagen des Finanzgerichts aber nicht ausreichend, um festzustellen, ob der gezahlte Betrag als Entgelt zu qualifizieren ist.

So hatte das Finanzgericht die Vereinbarung als Konkretisierung des Honorars angesehen, das dem Kläger zustand. Der Bundesfinanzhof hinterfragt, wie das Finanzgericht zu dieser Wertung gelangt ist, angesichts des Umstands, dass die Parteien die Vergütung in Planungsleistungen und Ausfallhonorar getrennt hatten. Diese Aufteilung ist laut Bundesfinanzhof nur maßgeblich, wenn sie ernsthaft gewollt war und nicht nur die Entstehung der Umsatzsteuer verhindern sollte.

Ferner ist zu prüfen, ob die Zahlung nicht als Entgelt für den Verzicht des Klägers auf eine ihm zustehende gesetzliche oder vertragliche Rechtsposition zu werten ist. Hierzu fehlt jedoch die Feststellung des Finanzgerichts welche Partei die Kündigung ausgesprochen hat. Hätte der Kläger selbst gekündigt, verfügte er gegebenenfalls bei der späteren Vereinbarung nicht mehr über eine Rechtsposition, auf die er verzichten könnte.

Da die Feststellungen des Finanzgerichts nicht ausreichend sind, hebt der Bundesfinanzhof das Urteil auf und verweist es zurück an das Finanzgericht.

Konsequenz

In letzter Zeit tendierte die Rechtsprechung dazu, solche Zahlungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Das Urteil zeigt, dass dies nicht zwingend ist, sondern es einer genauen Analyse der Vereinbarungen bedarf, um deren mögliche umsatzsteuerliche Folgen zu klären. Leider wird es hierdurch auch nicht einfacher in der Praxis. Den Vertragsparteien kann nur empfohlen werden, die umsatzsteuerlichen Folgen derartiger Vereinbarungen vor dem Abschluss zu klären. Ferner sollten sich die Parteien durch geeignete Umsatzsteuerklauseln davor schützen, falls die Finanzverwaltung anderer Auffassung ist. In Zweifelsfällen sollte der Sachverhalt auch der Finanzverwaltung gegenüber offengelegt werden.

Gert Klöttschen

Steuerberater

Zum Profil von Gert Klöttschen

Klaus Altendorf

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Zum Profil von Klaus Altendorf

Oliver Lohmar, LL.M.

Steuerberater

Zum Profil von Oliver Lohmar, LL.M.

Judith Krämer

Steuerberaterin

Zum Profil von Judith Krämer

Uwe Inkemann

Steuerberater

Zum Profil von Uwe Inkemann

Kontakt

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Mail Kontaktformular Telefon +49 228 81000 0 Newsletter Newsletter
YouTube Video laden
Permalink