Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Rechnungslegung in Deutschland?

Keine bilanziellen Folgen zum 31.12.2021

Nach Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) handelt es sich bei den Auswirkungen des russischen Angriffskriegs um ein Ereignis, das nach dem Bilanzstichtag 31.12.2021 eingetreten ist. Da es sich damit um einen Vorgang handelt, der als wertbegründend einzustufen ist, sind dessen Folgen erst in der (Konzern-)Bilanz und in der (Konzern-)Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2022 zu berücksichtigen. Bei Unternehmen mit abweichendem Wirtschaftsjahr sind nach Auffassung des IDW die bilanziellen Konsequenzen in Abschlüssen mit Stichtag nach dem 23.2.2022 (Übertritt der ukrainischen Grenzen durch russische Truppen) zu ziehen.

Auswirkungen auf den Anhang

Wertbegründende Ereignisse müssen dann im Anhang angegeben werden, wenn sie von besonderer Bedeutung und zwischen dem Bilanzstichtag und der Aufstellung eingetreten sind. Anzugeben sind in diesem Zusammenhang die Art und die finanziellen Auswirkungen der Ereignisse. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt genaue Aussagen zu den möglichen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage schwerfallen dürften, sind Schätzungen vorzunehmen. Dabei reichen qualitative Ausführungen aus; quantitative Angaben sind nicht erforderlich.

Insgesamt kann sich neben einer unmittelbaren (z.B. bei Vorliegen einer russischen oder ukrainischen Tochtergesellschaft) auch eine mittelbare Betroffenheit (z.B. durch absehbar steigende Beschaffungspreise bei Energie und Rohstoffen) ergeben. Kleine Kapitalgesellschaften sind von der Angabepflicht im Anhang befreit. Eine Befreiung von der Angabe im Nachtragsbericht unter Verweis auf die nachfolgend beschriebene Lageberichterstattung ist nach Meinung des IDW nicht zulässig.

Darstellung im Lagebericht

Auch im Lagebericht können sich Angabepflichten aus den Ereignissen um den Ukraine-Krieg ergeben. Konkret ist über Risiken (und Chancen) zu berichten. Denkbar sind in diesem Zusammenhang Risiken durch die Unterbrechung von Lieferketten – insbesondere im Bereich der Energieversorgung, im Zusammenhang mit der Kreditversorgung oder durch Cyberangriffe. Zudem ist gegebenenfalls auch in der Prognoseberichterstattung auf das Thema Ukraine-Krieg einzugehen. Generell sind die zugrunde liegenden Annahmen für die Einschätzungen zu beschreiben.

Fazit

Der russische Angriff auf die Ukraine wirkt sich aufgrund des Stichtagsprinzips nicht auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2021 aus. Gleichwohl wird den Informationsinteressen der Abschlussadressaten durch Angabepflichten im Anhang und Lagebericht Rechnung getragen. Hierbei besteht aus Unternehmenssicht die Herausforderung darin, eine individuelle Einschätzung der mittelbaren bzw. unmittelbaren Betroffenheit abzugeben und die hierbei getroffenen Annahmen darzustellen.

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Andreas Stamm

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Sascha Erger

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