Was ist eine umsatzsteuerliche Organschaft?

 

Unter einer umsatzsteuerlichen Organschaft versteht man die Zusammenfassung von rechtlich selbstständigen Unternehmen zu einem Steuersubjekt. Eine Organschaft besteht aus dem Organträger und einer oder mehreren Organgesellschaften. Insgesamt spricht man auch von dem Organkreis.

Eingliederungen der umsatzsteuerlichen Organschaft

Organträger kann jeder Unternehmer sein, also sowohl natürliche Personen (Einzelunternehmer:in) als auch Personen- und Kapitalgesellschaften. Organgesellschaften können demgegenüber nur Personen- und Kapitalgesellschaften sein. Die Annahme einer Organschaft setzt voraus, dass die Organgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Im Einzelnen bedeutet dies:

  • Finanzielle Eingliederung: Unter der finanziellen Eingliederung ist der Besitz der entscheidenden Anteilsmehrheit durch den Organträger an der Organgesellschaft zu verstehen. Entsprechen die Beteiligungsverhältnisse den Stimmrechtsverhältnissen, ist die finanzielle Eingliederung gegeben, wenn die Beteiligung mehr als 50 % beträgt. Bei einer Personengesellschaft setzt die finanzielle Eingliederung nach umstrittener Auffassung der Finanzverwaltung voraus, dass neben dem Organträger nur Personen beteiligt sind, die ihrerseits auch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind (z.B. bei einer „klassischen“ Ein-Personen-GmbH & Co. KG).
  • Wirtschaftliche Eingliederung: Von wirtschaftlicher Eingliederung spricht man, wenn die Organgesellschaft in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Gesamtunternehmen des Organträgers steht. Dies setzt in aller Regel eine entgeltliche Leistungsbeziehung zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft voraus, die für das Unternehmen der Organgesellschaft von großer Bedeutung ist. Die Abgrenzung ist in der Praxis häufig schwierig.
  • Organisatorische Eingliederung: Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Organgesellschaft in der laufenden Geschäftsführung tatsächlich wahrgenommen wird. Dies setzt in der Regel eine personelle Verflechtung in den Geschäftsführungen von Organträger und Organgesellschaft voraus. Offensichtlich ist die organisatorische Eingliederung in dem Fall, wenn die Geschäftsführung des Organträgers zugleich auch die Geschäftsführung der Organgesellschaft ist (Personenidentität). In der Praxis sind jedoch vielfältige Abstufungen möglich, die ebenfalls zu einer organisatorischen Eingliederung führen.

Sind diese Voraussetzungen allesamt erfüllt, liegt eine Organschaft vor. Es besteht kein Wahlrecht für die Anwendung der Organschaft. Allerdings lassen sich die Voraussetzungen – insbesondere die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung – in einem gewissen Rahmen gestalten, je nachdem, ob die Rechtsfolgen der Organschaft gewünscht sind oder vermieden werden sollen. In der Praxis kommt dem Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der Organschaft eine besondere Bedeutung zu, da dies immer an eine korrekte Steuerdeklaration geknüpft ist.

Rechtsfolge der Organschaft ist, dass nur noch der Organträger als umsatzsteuerlicher Unternehmer angesehen wird. Er ist verpflichtet, konsolidierte Umsatzsteuererklärungen für den gesamten Organkreis einzureichen. Leistungen zwischen Organträger und Organgesellschaft oder zwischen verschiedenen Organgesellschaften unterliegen infolge der Organschaft als sogenannte Innenumsätze nicht mehr der Umsatzsteuer.

Vorteile der umsatzsteuerlichen Organschaft

Die Organschaft dient in erster Linie dazu, komplexe Strukturen zu vereinfachen, da anstelle einer Vielzahl von Organgesellschaften nur noch der Organträger gegenüber dem Finanzamt als Unternehmer in Erscheinung tritt. In der Praxis ist die Umsetzung jedoch oft komplex. In einigen Fällen bietet die Organschaft zudem echte umsatzsteuerliche Vorteile: Immer dann, wenn ein Teil des Organkreises nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist und es Leistungsbeziehungen innerhalb des Organkreises gibt, lässt sich mithilfe der Organschaft die Entstehung von nicht abziehbarer Vorsteuer vermeiden. Klassische Branchen, in denen sich Organschaften daher lohnen, sind beispielsweise die Bau- und Immobilien- oder die Pflegebranche.

Der Organträger ist häufig zugleich eine Holdinggesellschaft. Unter einer Holding versteht man üblicherweise eine Gesellschaft, die Anteile an anderen Gesellschaften hält. Nach umsatzsteuerlichen Aspekten lassen sich weitere Unterscheidungen treffen:

  • Erbringt die Holdinggesellschaft Leistungen an ihre Tochtergesellschaften, spricht man von einer geschäftsleitenden Holding oder einer Funktionsholding. Eine solche Gesellschaft ist damit in der Regel auch Unternehmer und kann Organgesellschaft sein.
  • Beschränkt sich die Tätigkeit der Holding jedoch auf das Halten und Verwalten ihrer Beteiligungen, erbringt sie also keine Dienstleistungen an diese Tochterunternehmen, spricht man von einer Finanzholding. Eine Finanzholding ist in der Regel kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne und daher auch kein Organträger.
  • Eine Gesellschaft, die nur gegenüber einigen Tochtergesellschaften Leistungen erbringt, gegenüber anderen aber nicht, ist eine gemischte Holding

Wichtig ist diese Unterscheidung insbesondere für den Vorsteuerabzug der Holding aus Eingangsleistungen.

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