GmbH-Geschäftsführer als Vertreter der GmbH im Prozess gegen sich selbst?

 

Gegenseitige Abberufung

In einer Reisebüro-GmbH waren zwei Geschäftsführer tätig, von denen einer darüber hinaus auch Gesellschafter der GmbH war. Nach länger andauernden Streitigkeiten untereinander wurden beide Geschäftsführer in verschiedenen Gesellschafterversammlungen abberufen. Ein Geschäftsführer erhob Anfechtungsklage gegen den ihn betreffenden Abberufungsbeschluss. Beklagte war die GmbH, vertreten durch einen Rechtsanwalt, dessen Vollmacht der abberufene – klagende – Geschäftsführer selbst unterschrieben hatte und nicht der andere Geschäftsführer. Nachdem dieser Rechtsanwalt als Vertreter der beklagten GmbH die Unwirksamkeit der Abberufung des klagenden Geschäftsführers im Prozess anerkannt hatte, legte die beklagte GmbH – nun aber vertreten durch eine neue Anwaltskanzlei, die der andere Geschäftsführer beauftragt hatte – Berufung ein und gewann.

Niemand kann einen Prozess mit sich selbst führen

Immer wieder müssen Gerichte sich damit beschäftigen, wer Vertreter einer GmbH im gerichtlichen Verfahren über die Abberufung ihres Geschäftsführers sein kann. Die Frage ist insbesondere dann bedeutsam, wenn sich die Gesellschafter-Geschäftsführer – wie hier – in einer Zwei-Personen-GmbH gegenseitig abberufen. Die Richter:innen machten deutlich, dass grundsätzlich niemand einen Prozess mit sich bzw. gegen sich selbst führen kann. Auch nicht als Vertreter für eine andere Person, hier die beklagte GmbH. Ein Geschäftsführer kann nicht als Kläger für sich selbst und zugleich als gesetzlicher Vertreter der beklagten GmbH auftreten. Die von dem klagenden Geschäftsführer an den Rechtsanwalt der beklagten GmbH erteilte Prozessvollmacht war unwirksam; das erstinstanzliche Anerkenntnisurteil wurde aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen.

Konsequenz

Das Urteil überrascht nicht. Ein abberufener Geschäftsführer kann nicht auf beiden Seiten des Prozesses stehen. Im Gerichtsverfahren mit dem abberufenen Geschäftsführer um die Wirksamkeit der Abberufung wird die GmbH – solange die Gesellschafter keinen Prozessvertreter bestellt haben – von den verbleibenden Geschäftsführern vertreten. Der verbleibende Geschäftsführer kann, selbst wenn er seinerseits streitig abberufen worden ist, die GmbH auch dann so lange weithin vertreten, bis die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses bezüglich beider Geschäftsführer festgestellt ist. Wenn unklar ist, welcher  Geschäftsführer noch amtiert und welcher wirksam abberufen ist, kann ausnahmsweise jeder der beiden die GmbH im Prozess gegen den anderen Geschäftsführer vertreten, bis über die Wirksamkeit der Abberufungsbeschlüsse wirksam entschieden wurde.

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Stefanie Jobs

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Tim Löhrer, LL.M.

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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