Schädlicher Sperrfristverstoß durch Formwechsel einer Oberpersonengesellschaft

Steuerneutrale Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern

Im Rahmen der Planung von Umstrukturierungen kommt den in diesem Zuge ausgelösten Besteuerungsfolgen eine übergeordnete Bedeutung zu. Im Zentrum steht dabei regelmäßig die Frage, ob die im Rahmen der Umstrukturierung erfolgende Übertragung von Wirtschaftsgütern unter steuerpflichtiger Aufdeckung der stillen Reserven oder zu Buchwerten und somit steuerneutral erfolgen kann. Soweit Betriebe oder sogenannte Teilbetriebe übertragen werden, kommen regelmäßig die Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes zur Anwendung. Für die Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern greift dahingegen die Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. 

Diese schreibt für Übertragungsvorgänge zwischen gewerblichen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern den Ansatz des Buchwerts vor und ermöglicht so insbesondere die steuerneutrale Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern auf eine Personengesellschaft. Im Gegenzug sind jedoch Sperrfristen zu beachten. Schädlich ist dabei zum einen eine Veräußerung des vorher zu Buchwerten übertragenen Wirtschaftsguts. Darüber hinaus sieht das Gesetz auch eine sogenannte Körperschaftsklausel vor, wonach die unmittelbare oder mittelbare Begründung oder Erhöhung des Anteils einer Körperschaft am übertragenen Wirtschaftsgut schädlich ist. Die zusätzliche Beteiligung einer Körperschaft ist dabei sowohl im Rahmen der Übertragung selbst als auch innerhalb der auf die Übertragung folgenden sieben Jahre schädlich.

Auslegung der sogenannten Körperschaftsklausel durch den Bundesfinanzhof

Dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall lag eine mehrstöckige Personengesellschaftsstruktur zugrunde. Unter Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erfolgt eine steuerneutrale Grundbesitzübertragung von der „Oberpersonengesellschaft“ auf eine Tochter- und somit „Unterpersonengesellschaft“. Innerhalb des siebenjährigen Nachbetrachtungszeitraums wurde die Oberpersonengesellschaft, an der mittelbar neben natürlichen Personen auch eine Körperschaft beteiligt war, in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt. Der Bundesfinanzhof bestätigt, dass in diesem Formwechsel ein Verstoß gegen die Körperschaftsklausel zu sehen sei, da der Formwechsel zur Erhöhung der auf Körperschaftsubjekte entfallenden Beteiligungshöhe geführt habe.

Eine von der Klägerin begehrte teleologische Reduktion der Körperschaftsklausel verneinte der Bundesfinanzhof. Sowohl das im Rahmen der Körperschaftsklausel grundsätzlich fehlende Tatbestandsmerkmal der Missbrauchsabsicht als auch die Umstände, dass der in Rede stehende Formwechsel zu Buchwerten erfolgte und nach Ansicht der Klägerin ferner aufgrund der Beteiligungsstruktur im Streitfall keine konkrete Missbrauchsgefahr bestehe, sind aus Sicht des Bundesfinanzhofs unbeachtlich. Eine für eine teleologische Reduktion notwendige planwidrige Gesetzeslücke lasse sich der Systematik des Gesetzes nicht entnehmen. 

Abweichend von der finanzgerichtlichen Vorinstanz wies der Bundesfinanzhof jedoch daraufhin, dass der Umfang des schädlichen Verstoßes durch den Rechtsformwechsel im Streitfall zu begrenzen sei. Soweit bereits vor der Übertragung ein unmittelbarer oder mittelbarer Anteil einer Körperschaft am übertragenen Wirtschaftsgut bestand, komme es nicht zu einer rückwirkenden Besteuerung. Für die Ermittlung der bereits bestehenden Beteiligungsquote sei dabei auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Übertragung und nicht auf den Moment des Sperrfristverstoßes abzustellen. 

Ausblick

Das Urteil des Bundesfinanzhofs bestätigt die insoweit auch bislang herrschende Auffassung und verdeutlicht somit, dass die Körperschaftsklausel des § 6 Abs. 5 EStG äußerst weit auszulegen ist. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang auch der durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) eingeführten Option zur Körperschaftbesteuerung für Personengesellschaften zu. Die Optionsausübung führt aus steuerlicher Sicht zu einem fiktiven Formwechsel, der somit auch zu einem schädlichen Sperrfristverstoß für Zwecke des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG führen kann. Festzuhalten ist in jedem Fall: Die Körperschaftsklausel des § 6 Abs. 5 EStG stellt für Folgeumwandlungen ein echtes Umstrukturierungshindernis dar und ist mithin im Zuge längerfristiger Strukturüberlegungen stets zu berücksichtigen.

Stefan Hamacher, LL.M.

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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Julien Jeuckens

Steuerberater

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