Vermietung einer Immobilie als feste Niederlassung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes?

Rechtslage

Eine feste Niederlassung setzt nach Art. 11 Mehrwertsteuerverordnung (MwStVO) einen hinreichenden Grad an Beständigkeit und eine Struktur voraus, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Leistungen zu erbringen und zu empfangen. Dass angesichts dieser Regelung z.B. das Finanzgericht Münster auch eine Windkraftanlage (ohne Personal) als feste Niederlassung qualifiziert, ist für die zutreffende Auslegung durch die Praxis wenig hilfreich.

Fall

Die Klägerin, mit Sitz in Jersey, vermietete eine eigene Immobilie in Wien an österreichische Unternehmer. Die komplette Verwaltung der Immobilie (Abrechnung, Vermittlung von Dienstleistern, Geschäftsaufzeichnungen etc.) erfolgte durch eine beauftragte Hausverwaltung. Die Entscheidungsgewalt über die Begründung bzw. Auflösung von Mietverhältnissen, über die Durchführung von Investitionen und deren Finanzierung sowie die Auswahl der Hausverwaltung selbst behielt die Klägerin. Sie rechnete die Mieten netto ab, da sie die Mieter als Schuldner der Umsatzsteuer in Österreich ansah (Reverse-Charge-Verfahren). Dem folgte das örtliche Finanzamt nicht. Es qualifizierte die vermietete Immobilie als feste Niederlassung und forderte die Umsatzsteuer von der Klägerin nach.

Entscheidung

Laut EuGH ist für die Begründung einer festen Niederlassung ein Mindestbestand an personeller und technischer Ausstattung nötig. Eine Immobilie, die über kein eigenes Personal für die Vermietung verfügt, erfüllt diese Voraussetzung nicht.

Konsequenz

Entgegen manchen Entscheidungen des EuGH ist diese doch sehr eindeutig. Es muss eigenes Personal vor Ort vorhanden sein, um eine feste Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat zu begründen. Subunternehmer können dies nicht ersetzen, zumindest nicht, wenn die maßgeblichen Entscheidungen nicht von diesen getroffen werden.

Die Rechtsprechung des Finanzgerichts Münster dürfte damit überholt sein. Gleiches gilt für die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung, wonach eine im Inland belegene, steuerpflichtige Immobilie immer auch zur Ansässigkeit des vermietenden Unternehmers führt.

Unternehmen, die nicht nur in dem Mitgliedstaat ihres Sitzes tätig sind, sondern auch in anderen Ländern (auch in Deutschland), müssen prüfen, ob die Entscheidung Einfluss auf die Deklaration hat.

Exkurs: Betriebsstätte für Ertragsteuerzwecke?

Eine vergleichbare Fragestellung ist auch für ertragsteuerliche Zwecke relevant – nämlich ob eine vermietete Immobilie eine inländische Betriebsstätte des ausländischen Vermieters darstellen kann. Die Frage hat insbesondere Bedeutung für die Gewerbesteuer, da hier die Steuerpflicht das Bestehen einer Betriebsstätte im Inland voraussetzt. Grundsätzlich genügt die Mietimmobilie allein hierfür nicht aus. Allerdings geht das Finanzgericht Berlin-Brandenburg davon aus, dass eine Vertragsbeziehung zwischen dem Vermieter und einer inländischen Dienstleistungs- und Managementgesellschaft eine Betriebsstätte des Vermieters in den Räumen der Managementgesellschaft begründen kann, wenn dieser Gesellschaft sämtliche Arbeiten hinsichtlich der Immobilie übertragen sind. Der Bundesfinanzhof wird diese Frage im Revisionsverfahren (III R 35/20) zu entscheiden haben.

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Gert Klöttschen

Steuerberater

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