Beschlussfassung im vereinfachten Umlaufverfahren nach dem COVMG – gilt eine Mindestfrist?

Kernaussage

Nach dem Gesetz, das seit dem 28.3.2020 gilt, ist für Beschlussfassungen bei GmbHs das Umlaufverfahren wie folgt vereinfacht worden: Abweichend von den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes (§ 48 GmbHG) können Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden. Zu dieser Vorschrift hatte sich Anfang des Jahres das Hamburger Landgericht mit der Frage zu beschäftigen, ob ein solcher im sogenannten vereinfachten Umlaufverfahren nach dem COVMG gefasster Gesellschafterbeschluss einer GmbH bei Nichteinhaltung einer Mindestfrist anfechtbar ist.

Sachverhalt

Ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer hatte gegen die im vereinfachten Umlaufverfahren nach dem COVMG beschlossene Zwangseinziehung seiner Geschäftsanteile geklagt. In der Aufforderung zur Beschlussfassung im Umlaufverfahren war dem Kläger eine Frist zur Rückmeldung von nur sechs Tagen gesetzt worden. Er widersprach der Abstimmung wie auch den gegen ihn erhobenen Vorwürfen und stimmte rein vorsorglich mit „Nein“. Die beklagte GmbH stellte daraufhin fest, dass der Beschluss einstimmig zustande gekommen sei. Der klagende Gesellschafter gewann; die angefochtenen Beschlüsse wurden für nichtig erklärt.

Entscheidung

Bei der kontroversen Beschlussfassung im vereinfachten Umlaufverfahren nach dem COVMG gelte eine an der Wochenfrist des GmbH-Gesetzes (§ 51 GmbHG) orientierte einzuhaltende Mindestfrist, wenn sich aus der Satzung nichts anderes ergibt, so die Richter:innen. Bei Unterschreitung der Frist ist der Beschluss anfechtbar, denn dem Gesellschafter ist grundsätzlich eine „Überlegungsfrist“ von mindestens einer Woche einzuräumen. Zur Nichtigkeit des Beschlusses führt eine Nichtbeachtung der Mindestfrist indes nur dann, wenn dem Gesellschafter eine wirksame Teilnahme am Willensbildungsprozess praktisch unmöglich ist und die Ladung damit einer Nichtladung gleichsteht.

Konsequenz

Dem Urteil ist zuzustimmen. Vor Inkrafttreten des COVMG waren Beschlussfassungen im Umlaufverfahren nach dem GmbHG (§ 48 Abs. 2 GmbHG) nur zulässig, wenn alle Gesellschafter damit einverstanden waren. Das COVMG verfolgt den Zweck, die Handlungsfähigkeit von Gesellschaften – wie etwa in Pandemiezeiten – auch ohne Durchführung von Präsenzversammlungen zu erhalten. Im Zuge dessen ersetzt § 2 COVMG nur die Zustimmung aller Gesellschafter zur Durchführung des Umlaufverfahrens und ermöglicht damit die Beschlussfassung im Umlaufverfahren ohne Einverständnis sämtlicher GmbH-Gesellschafter. Daher ist es konsequent, die Einladungsfrist für Gesellschafterversammlungen als Mindestfrist auf die Beschlussfassung im Umlaufverfahren nach dem COVMG zu übertragen und als Orientierung für die Mindestfrist die Wochenfrist des § 51 GmbHG bzw. eine gegebenenfalls längere Satzungsfrist für die Einladung zur Gesellschafterversammlung heranzuziehen.

Achtung: Der Deutsche Bundestag hat am 7.9.2021 das COVMG bis zum Ablauf des 31.8.2022 verlängert.

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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