Wann muss ein Notar die Beurkundung von GmbH-Gesellschafterbeschlüssen empfehlen?

Kernaussage

Das Oberlandesgericht Celle hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob ein Notar pflichtwidrig handelt, wenn er den Urkundsbeteiligten als sichersten Weg die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses einer GmbH empfiehlt, mit dem die Gesellschafter der Übertragung des Gesellschaftsvermögens oder eines wesentlichen Teils davon zustimmen.

Sachverhalt: Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses notwendig?

Die klagende GmbH war Eigentümerin eines Grundstücks, das ihr wesentliches Gesellschaftsvermögen darstellte. Alleinige Gesellschafter der GmbH waren deren Geschäftsführer sowie eine weitere GmbH mit ihrem Alleingesellschafter und Geschäftsführer. Die GmbH wollte ihr Grundstück Ende 2019 an die Käuferin veräußern. Der beklagte Notar entwarf hierfür im Auftrag der Käuferin einen Grundstückskaufvertrag und stellte den Entwurf auch der klagenden GmbH als Verkäuferin zur Verfügung. Die Beurkundung fand kurz vor Weihnachten 2019 am Amtssitz des beklagten Notars statt. Für die verkaufende GmbH waren sämtliche Personen zum Beurkundungstermin erschienen und brachten den Entwurf des Protokolls einer Gesellschafterversammlung nebst zu fassendem Beschluss über die Zustimmung zum Verkauf der Immobilie mit, um dieses Protokoll in Gegenwart des Notars – ohne Beurkundung – zu unterschreiben.

Es kam, wie es kommen musste: Die Parteien stritten mit dem Notar darüber, ob die notarielle Beurkundung des zu fassenden Gesellschafterbeschlusses der verkaufenden GmbH notwendig sei. Der Notar empfahl als sichersten Weg die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses der GmbH, mit dem die Gesellschafter der Übertragung des Gesellschaftsvermögens oder eines wesentlichen Teils davon zustimmen würden. Die Parteien fügten sich dem Rat, woraufhin der Notar der klagenden GmbH anschließend für die Beurkundung rund 7.000 € zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellte, die diese auch zahlte. Später verlangte die klagende GmbH die gezahlte Summe als Schadenersatz zurück, mit der Begründung, der Notar habe seine Pflicht zur gestaltenden Beratung verletzt, indem er die notarielle Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses für notwendig erachtet und sich zudem nicht imstande gesehen habe, den Grundstückskaufvertrag ohne diese zu beurkunden. Nach Ansicht der GmbH war eine zusätzliche Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses nicht erforderlich.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle

Die GmbH verlor den Rechtsstreit; das Oberlandesgericht Celle wies die Klage ab und stellte klar, dass der Notar im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags keine ihm obliegende notarielle Amtspflicht verletzt habe. Anders als die klagende GmbH meinte, handelte es sich bei der gewählten Vertragsgestaltung unter Einbeziehung des notariell beurkundeten Gesellschafterbeschlusses um den sichersten Weg zur wirksamen Errichtung der Urkunde, zu dessen Wahl der Notar verpflichtet war, so die Richter.

Konsequenz: Weiterhin Vorsicht geboten

Das Urteil verdient Zustimmung. Auch aus der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt sich nicht eindeutig schlussfolgern, dass es fehlerhaft und damit pflichtwidrig gewesen wäre, eine notarielle Beurkundung zu empfehlen bzw. als sichersten Weg zu wählen. Im Schrifttum wird das Erfordernis der notariellen Beurkundung bei solchen Vertragsgestaltungen nach wie vor kontrovers diskutiert und aus Gründen der Vorsicht die Einhaltung der notariellen Form empfohlen. Denn mangels ausdrücklicher Stellungnahme der Richter:innen des Bundesgerichtshofs besteht hier in der Praxis weiterhin Rechtsunsicherheit.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 8.1.2019, Az.: II ZR 364/18

Dr. Olaf Lüke

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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