Ist der Weg von Wohn- in Büroräume im Homeoffice gesetzlich unfallversichert?

Sturz auf heimischer Treppe

Der Kläger, ein Vertriebsmitarbeiter im Außendienst, wandte sich gegen den Bescheid des beklagten Unfallversicherungsträgers. Hierin war die Gewährung einer Entschädigungsleistung aufgrund eines Unfalls abgelehnt worden. Der Kläger war am Morgen eines Arbeitstages gegen sieben Uhr auf dem Weg von seinen Wohnräumen in die auf der darunter gelegenen Etage befindlichen privaten Büroräume die Treppe hinuntergestürzt und hatte sich bei dem Sturz einen Brustwirbeltrümmerbruch zugezogen. Die gelegentliche Tätigkeit im Homeoffice war im Arbeitsvertrag festgehalten. Der Beklagte lehnte die Gewährung einer Entschädigungsleistung sowohl nach erster Beantragung als auch nach Einlegung des Widerspruchs ab.

Weder Wegeunfall noch Betriebsweg

Das Bundessozialgricht bestätigte die Entscheidung des beklagten Unfallversicherungsgegners und wies die Klage ab. Der ergangene ablehnende Bescheid sei rechtmäßig. Begründet wurde dies damit, dass es sich bei dem Treppengang im Homeoffice eben nicht um eine versicherte Tätigkeit handele. Sowohl ein Wegeunfall als auch ein Betriebsweg wurde verneint.

Ein Wegeunfall ereignet sich bei dem Zurücklegen eines unmittelbaren Weges zu oder von dem Ort der Tätigkeit. Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zu den Büroräumen, um erstmalig an diesem Tag die Arbeit aufzunehmen. Dabei ging er zwar auf eine andere Etage, jedoch nicht durch die Haustür. Die Außentür des Wohngebäudes stellt jedoch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine bedeutende Grenze für den Wegeunfall dar. Unfälle, die sich noch vor Durchschreiten dieser ereignen, stellen in aller Regel keinen Wegeunfall dar. Sie sind der Risikosphäre des Beschäftigten zuzurechnen. Auch in Homeoffice-Fällen macht das Bundessozialgericht keine Ausnahme von diesem Grundsatz und nimmt in Kauf, dass ein Unfall eines Beschäftigten im Homeoffice niemals einen Wegeunfall darstellt. Die starre Grenze diene der Rechtssicherheit und trage zudem der Freistellung des Unternehmers von der Haftung für Betriebsgefahren Rechnung, die die gesetzliche Unfallversicherung kennzeichne. Bei einem Unfall auf der Innenseite der Haustür liege eine solche Betriebsgefahr keineswegs mehr vor.

Das Vorliegen eines Betriebswegs wurde ebenfalls abgelehnt. Hier komme es zwar nicht darauf an, auf welcher Seite der Haustür sich der Unfall ereignet hat, sondern nur darauf, wo der Beschäftigte der Tätigkeit nachgegangen ist. Der Betriebsweg müsse aber in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der versicherten Tätigkeit stehen, also in Ausübung dieser Tätigkeit zurückgelegt worden sein. Der Gang in die Büroräume, um dort erstmalig die Tätigkeit aufzunehmen, stelle jedoch nicht die Ausübung der Tätigkeit, sondern lediglich eine Vorbereitungshandlung dar. Eine andere Beurteilung führe zu einer Besserstellung von Beschäftigten im Homeoffice, da der Weg zum Arbeitsort bei Personen, die außerhalb der eigenen Räumlichkeiten tätig sind, keinen unfallversicherten Betriebsweg, sondern allenfalls einen Wegeunfall darstellt.

Konsequenz

Mit dem Urteil setzt das Bundessozialgericht seine bisherige Tendenz in Fragen dieser Art fort und bekräftigt erneut seine restriktive Rechtsprechung zum Thema Unfallversicherung. Es verdeutlicht, dass das Arbeiten im Homeoffice nicht zu einer Erweiterung der Unfallversicherung der Beschäftigten führt.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Alexander Kirsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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