Gutgläubigkeit schützt nicht vor Umsatzsteuerhaftung

Fall

Der Kläger war Geschäftsführer der A-GmbH. Diese war nach Feststellungen der Steuerfahndung in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden. Hierzu bezog sie Waren von der ebenfalls in Deutschland ansässigen D-GmbH und lieferte diese an die in den Niederlanden ansässige E B.V. steuerfrei weiter. Tatsächlich handelte es sich um Scheinlieferungen. Um diese zu vertuschen, wurden Leertransporte von Spediteuren ausgeführt, die von der D-GmbH beauftragt worden waren. Der A-GmbH wurde nun der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D-GmbH versagt. Da sich die A-GmbH in der Insolvenz befand, nahm das Finanzamt den Geschäftsführer der A-GmbH hierfür nebst Zinsen und Säumniszuschlägen in Haftung. Dieser wehrte sich hiergegen. Zum einen sei ein diesbezüglich gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren eingestellt worden, da er nicht an der Tat beteiligt war. Zum anderen habe er auch nicht grob fahrlässig gehandelt, da er seine Geschäftspartner überprüft habe. Er habe die steuerliche Registrierung der D-GmbH, die verwendeten Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und einmal am Geschäftssitz der A-GmbH die Verladung der Waren geprüft. Zudem sah der Kläger ein Mitverschulden des Finanzamts, da es die Voranmeldungen trotz besseren Wissens aus ermittlungstaktischen Gründen akzeptiert hatte.

Entscheidung

Das Finanzgericht Münster lehnte die Klage ab. Der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt, da ihm aufgrund der Anbahnung und Abwicklung des Geschäfts hätte klar sein müssen, dass es keinen vernünftigen wirtschaftlichen Grund hierfür gab. Ursächlich hierfür war, dass der Kläger – ohne ersichtlichen Grund – als Zwischenhändler in eine bestehende Geschäftsbeziehung eingeschaltet wurde und ihm sämtliche Vertragsgrundlagen vorgegeben wurden, sodass ein selbstständiges Agieren nicht möglich war. Die vom Kläger getroffenen Maßnahmen waren daher nach Ansicht des Finanzgerichts nicht geeignet, um den sich ohne Weiteres aufdrängenden Verdachtsmomenten nachzugehen. Hierzu hätte es einer laufenden Kontrolle bedurft, ob die Transporte tatsächlich stattfanden.

Konsequenzen

Ob der Kläger tatsächlich gutgläubig war, sei dahingestellt. Fakt ist, und da ist dem Finanzgericht zuzustimmen: Kaufleute schenken sich nichts. Unternehmer, die sich auf ungewöhnliche Geschäftsmodelle einlassen, von denen sie zwar profitieren, für die es wirtschaftlich jedoch keinen vernünftigen Grund gibt, sollten vorher prüfen, ob der einzige „wirtschaftliche“ Grund für das Geschäft nicht die Umsatzsteuerhinterziehung durch die Geschäftspartner ist. Werden solche Warnsignale ignoriert, kann es teuer für die Beteiligten werden, selbst wenn sie gutgläubig sind; denn dies schützt vor Strafe nicht.

Gert Klöttschen

Steuerberater

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