Abzug von Schuldzinsen im Inbound- und Organschaftsfall

Hintergrund

Ausländische Investoren erwerben inländische Kapitalgesellschaften regelmäßig nicht unmittelbar aus dem Ausland, sondern über eine inländische Akquisitionsgesellschaft, oftmals in der Rechtsform einer Personengesellschaft. Ziel dabei ist es, die Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Unternehmenserwerbs in Deutschland steuerlich verwerten zu können. Oftmals wird dazu auch ein Ergebnisabführungsvertrag zwischen der Akquisitionsgesellschaft und der erworbenen Kapitalgesellschaft geschlossen und damit eine ertragsteuerliche Organschaft begründet.

Solche Finanzierungsstrukturen über inländische Personengesellschaften ermöglichen die Geltendmachung des Zinsabzugs im Inland und gegebenenfalls zusätzlich im Ausland (so genanntes „Double Dip“). Der Gesetzgeber versucht, einem solchen doppelten Aufwandsabzug im grenzüberschreitenden Fall entgegenzuwirken: Einerseits durch den erst kürzlich eingeführten § 4i EStG (ab 1.1.2017), wonach Aufwendungen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft nicht als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden dürfen, soweit diese Aufwendungen auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat mindern. Andererseits durch eine besondere Abzugsbeschränkung in Organschaftsfällen (§ 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG). Letztere war Gegenstand der nachfolgenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

Sachverhalt

Eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (A-B.V.) war als alleinige Kommanditistin an einer deutschen GmbH & Co. KG (Klägerin) beteiligt. Im Gründungsjahr nahm die A-B.V. bei ihrem alleinigen Gesellschafter (C-B.V.) zwei verzinsliche Darlehen auf und leitete diese als Einlagen in das Eigenkapital der GmbH & Co. KG weiter. Steuerlich wurden die Darlehensverbindlichkeiten – wie im reinen Inlandsfall – im Sonderbetriebsvermögen der A-B.V. bei der GmbH & Co. KG erfasst und die Zinsen als Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht. Im Wirtschaftsjahr 2004/2005 brachte die A-B.V. sodann ihren Kommanditanteil gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die niederländische AE-C.V. ein, deren Rechtsform vergleichbar mit einer deutschen Kommanditgesellschaft ist. An der AE-C.V. war die A-B.V. mit 99 % und eine weitere Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (AF-B.V.) mit 1 % beteiligt; die A-B.V. war in der Folge nur noch „mittelbar“ an der deutschen GmbH & Co. KG beteiligt.

Das Finanzamt stellte im Rahmen seiner Betriebsprüfung fest, dass sich durch die Zwischenschaltung der AE-C.V. der Bestimmungszweck der Darlehen in der Form geändert habe, dass nunmehr die Beteiligung an der niederländischen AE-C.V. finanziert werde. Die Zinsen seien somit nicht mehr im Rahmen der Gewinnfeststellung bei der GmbH & Co. KG in Deutschland, sondern bei der AE-C.V. in den Niederlanden geltend zu machen. Dagegen erhob die GmbH & Co. KG Klage beim Finanzgericht Düsseldorf. Das Finanzgericht war der Auffassung, dass der Finanzierungszusammenhang von Gesellschafterdarlehen nicht dadurch gelöst werde, dass der Mitunternehmer seine Beteiligung in eine andere Personengesellschaft einbringt. Die Zinsen seien nach der Einbringung für den nur noch mittelbar über die andere Personengesellschaft (Obergesellschaft: AE-C.V.) beteiligten Mitunternehmer (A-B.V.) weiterhin im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Untergesellschaft (GmbH & Co. KG), und nicht bei der Obergesellschaft zu berücksichtigen. Die Revision wurde zugelassen und eingelegt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat sich mit Urteil vom 12.10.2016 der Rechtsauffassung des Finanzgerichts angeschlossen. Im Falle einer doppelstöckigen Personengesellschaft stehe der mittelbar über eine Mitunternehmerschaft beteiligte Mitunternehmer dem unmittelbar beteiligten Mitunternehmer im Hinblick auf Sondervergütungen und Sonderbetriebsvermögen gleich. Dies gelte auch für (positives wie negatives) Sonderbetriebsvermögen II. Da die AE-C.V. zudem über kein anderes Betriebsvermögen als die Beteiligung an der GmbH & Co. KG verfügte, habe sich – so der Bundesfinanzhof – auch nicht der Finanzierungszusammenhang der Darlehen geändert. Im Ergebnis bleiben die Darlehensverbindlichkeiten und damit zusammenhängende Schuldzinsen im Sonderbetriebsvermögen des (mittelbar beteiligten) Mitunternehmers A-B.V. bei der deutschen GmbH & Co. KG.

Gegen die Berücksichtigung der Sonderbetriebsausgaben der A-B.V. bei der GmbH & Co. KG spreche – mangels negativer Einkünfte der GmbH & Co. KG als Organträgerin – auch nicht die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG, wonach negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt bleiben, soweit sie in einem ausländischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden. Maßgeblich für diese Verlustabzugsbeschränkung seien die konsolidierten Einkünfte des Organträgers nach der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft.

Fazit

Das Urteil des Bundesfinanzhofs bringt Rechtssicherheit in zweierlei Hinsicht. Zum einen wird klargestellt, dass sich die Gleichstellung des mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligten Gesellschafters mit dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter auch auf das Sonderbetriebsvermögen II bezieht. Dies ist auch in rein nationalen Fällen von Bedeutung: Würden die Schuldzinsen nach der Umstrukturierung steuerlich einer deutschen Obergesellschaft zugeordnet, wäre etwa eine gewerbesteuerliche Nutzung der Aufwendungen von anderen gewerbesteuerpflichtigen Aktivitäten der Obergesellschaft abhängig; die Einkünfte aus der Untergesellschaft sind nämlich bei der Obergesellschaft gewerbesteuerfrei.

Und zum anderen stellt sich nun nicht mehr die Frage nach der Begrifflichkeit von negativen Einkünften im Sinne der Verlustabzugsbeschränkung in Organschaftsfällen. Der Bundesfinanzhof spricht sich hier ausdrücklich für die Saldo-Betrachtung und damit gegen die Stand-alone-Betrachtung aus.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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