Kann der Arbeitgeber zur Corona-Schutzimpfung verpflichten?

Hintergrund

Es ist nicht damit zu rechnen, dass eine gesetzliche Impfpflicht geschaffen wird. Es stellt sich aber die Frage, ob Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer zur Impfung verpflichten können. Hierzu gibt es noch keine gefestigte Rechtsprechung. 

Eine solche Verpflichtung ist an den Maßgaben für eine wirksame Weisung zu prüfen. Sie unterliegt der Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitgebers und den Grundrechten des Arbeitnehmers. Aufgrund der Intensität des Grundrechtseingriffs durch eine vermeintliche Impfpflicht wird das Interesse des Arbeitgebers regelmäßig dahinter zurücktreten. 

Eine durch den Arbeitgeber geschaffene Impfpflicht würde zudem voraussetzen, dass dieser Kenntnis über den Impfstatus der Arbeitnehmer hat. Aufgrund des Datenschutzrechts ist der Arbeitgeber nicht dazu befugt, diese Information einzuholen. 

Sonderfall Gesundheitswesen 

Die Unzulässigkeit einer Impfpflicht gilt auch für die Berufsgruppen, die regelmäßig mit Risikopatienten in Kontakt treten, wie Ärzte, medizinisches Fachpersonal und Altenpfleger. Hier gilt es zwar, einen erhöhten Sicherheitsmaßstab anzulegen, eine Verpflichtung zur Vornahme einer Schutzimpfung besteht dennoch nicht. Grund dafür ist, dass für die Corona-Schutzimpfung bisher primär ein Eigenschutz, jedoch kein wirksamer Fremdschutz nachgewiesen wurde. Die Impfung des Personals hat also keine nachgewiesene Wirkung auf die Sicherheit der Patienten oder Bewohner eines Seniorenheims. Dies unterscheidet die Corona-Schutzimpfung von der Masern-Schutzimpfung, für die eine gesetzliche Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen besteht. 

Alternativ: Pflicht zur Durchführung eines Schnelltests?

Als milderes Mittel neben einer Impfpflicht kommt die Pflicht zur regelmäßigen Durchführung eines Schnelltests infrage. Seit Anfang März sind Arbeitgeber sogar dazu verpflichtet, ihren Arbeitnehmern pro Woche mindestens einen kostenlosen Schnelltest anzubieten. Eine Pflicht der Arbeitnehmer, diesen tatsächlich vornehmen zu lassen, ist nur für diejenigen Personen bekannt, die aus einem Risikogebiet zurückgekehrt sind. Für eine darüber hinausgehende anlasslose Testpflicht muss der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse nachweisen. Ein solches besteht nur in Einzelfällen, z.B. wenn eine enge Zusammenarbeit der Arbeitnehmer erforderlich ist oder anderweitige Schutzmaßnahmen nicht möglich sind. 

Unklar ist bisher, wer die Kosten für die angebotenen Schnelltests übernimmt. Der Bund und die Länder lehnen eine Kostenübernahme ab. Es ist daher damit zu rechnen, dass die Arbeitgeber die Kosten tragen müssen. Das hierzu geplante Treffen der Bundesregierung mit Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertretern war für Freitag, den 3. März 2021 geplant, wurde jedoch ersatzlos abgesagt. Grund hierfür war laut Bundesregierung die ausstehende Klärung von rechtlichen und logistischen Fragen. Auch datenschutzrechtlich gestaltet sich die Testpflicht in den Betrieben schwierig. Unklar ist, inwiefern Arbeitgeber die Ergebnisse an das Gesundheitsamt weiterleiten müssen bzw. dürfen. 

Möglichkeiten des Arbeitgebers 

Arbeitgeber sind nach dem Arbeitsschutzrecht gesetzlich dazu verpflichtet, umfassende Schutzmaßnahmen im Betrieb zu ergreifen. Diese reichen von der Aufklärung über die Einrichtung technischer Schutzvorkehrungen bis hin zur Schließung bestimmter Gemeinschaftsräume, für die kein anderweitiges wirksames Schutzkonzept besteht. 

Im Hinblick auf das Aufrechterhalten des Betriebs ist es ratsam, die Impfbereitschaft zu erhöhen. Insbesondere sollten Arbeitnehmern bei der Wahrnehmung eines Impftermins keine Lohnausfälle entstehen und die – regelmäßige – Außerkraftsetzung des § 616 BGB sollte daher für solche Fälle aufgehoben werden. Der Paragraf besagt, dass ein Arbeitnehmer bei einer persönlichen Arbeitsverhinderung Anspruch auf bezahlte Freistellung hat, wenn er unverschuldet für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist. Daneben kommt die Vergabe eines Impfbonus infrage. Dieser kann durch eine einmalige Bonuszahlung, einen zusätzlichen Urlaubstag oder Sachgeschenke erfolgen. 

Sobald genügend Impfstoff vorhanden ist, ist auch die Impfung der Belegschaft durch den Betriebsarzt eine denkbare Möglichkeit, zur Betriebserhaltung beizutragen. 

Sollten Sie rechtliche Fragen rund um das Thema Impfen haben, zögen Sie nicht, uns anzusprechen. Wir beraten Sie persönlich. 

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Alexander Kirsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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