D&O-Versicherungsschutz gilt für Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer und Vorstände

 

Sachverhalt

Leistet ein Geschäftsführer einer GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife (das heißt Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) Zahlungen, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind, ist er gegenüber der GmbH zum Ersatz dieser Zahlungen verpflichtet. Die gesetzliche Haftungsnorm findet sich entsprechend für Vorstände einer Aktiengesellschaft. Eine Ersatzpflicht besteht unabhängig davon, ob bei der GmbH (bzw. AG) durch die Zahlung ein Schaden entstanden ist; bereits die Masseschmälerung zulasten der Insolvenzgläubiger löst die Ersatzpflicht aus. Die Geschäftsführer (bzw. Vorstände) haften für diese Zahlungen mit ihrem gesamten Privatvermögen. Da diese persönliche Haftung für das betroffene Organ existenzbedrohende Wirkung haben kann, entwickelte sich in der Praxis ein Sicherungsinstrument: die Directors-and-Officers-Versicherung, kurz D&O-Versicherung. Sie hat zwei Funktionen: Schutz des Privatvermögens des Organs und zugleich – aus Sicht der GmbH (AG) und ihrer Gläubiger – Schaffung einer liquiden Haftungsmasse. Nachdem das Düsseldorfer Oberlandesgericht 2018 allerdings entschieden hatte, dass die Haftung eines Geschäftsführers für Ansprüche aus Zahlung nach Insolvenzreife als „Ersatzanspruch eigener Art“ nicht von der D&O-Versicherung umfasst sei, nahmen Versicherungsunternehmen dies zum Anlass, die Deckung zu verweigern. Das bedeutete für GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände existenzbedrohende Haftungsrisiken ohne korrespondierenden Versicherungsschutz.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof sorgte schließlich für Klarheit und entschied in ausdrücklicher Abweichung von der bisherigen oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung, dass der gesetzlich geregelte Ersatzanspruch gegen Geschäftsführer bei nach Eintritt der Insolvenzreife „seiner“ GmbH geleisteten Zahlungen von den marktüblichen Bedingungen der D&O-Versicherung gedeckt sei. Allein diese Auslegung der Versicherungsbedingungen entspräche dem Verständnis des durchschnittlichen Geschäftsführers, der sie abgeschlossen habe, um Risiken abzusichern.

Konsequenz

Das Urteil ist zu begrüßen; der Bundesgerichtshof trifft mit einer nachvollziehbaren Auslegung der Versicherungsbedingungen eine klare Aussage zum D&O-Versicherungsschutz für Ansprüche gegen GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände. Diese können zukünftig davon ausgehen, dass – Achtung: nur bei fahrlässigen Verstößen gegen verbotene Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife – ihre D&O-Versicherung Ersatzansprüche ausgleicht. Hier schafft der Bundesgerichtshof für Geschäftsführer und Vorstände gerade in der heutigen Pandemiezeit Erleichterung. Allerdings sind damit die Herausforderungen der alltäglichen Geschäftsführung in Krisenzeiten nicht gelöst; die konkreten Versicherungsklauseln einer D&O-Versicherung werden zukünftig genau zu prüfen sein, denn jede kann anders lauten und deswegen auch anders auszulegen sein als die Bestimmung im höchstrichterlich entschiedenen Fall.

Christian Senger

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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