Mehr Rechtssicherheit für Betriebe bei sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfungen ohne Beanstandung

Sachverhalt

Klägerin ist eine GmbH; ihre Gesellschafter sind ein Ehepaar sowie der Bruder der Ehefrau. Dieser hält 51 %, die Ehefrau 26 % und der Ehemann 23 % der Gesellschaftsanteile. Der Gesellschaftsvertrag sieht für die Beschlussfassung grundsätzlich die einfache Mehrheit und nur in bestimmten Mehrheiten von 75 % der abgegebenen Stimmen vor. Alle Gesellschafter sind zu Geschäftsführern der GmbH bestellt und verantworten jeweils eigene Geschäftsbereiche. Die mit dem Gesellschafter-Ehepaar jeweils geschlossenen Geschäftsführerverträge sehen übliche Regelungen vor. Die Eheleute haben Bürgschaften zugunsten der GmbH übernommen. Beiträge zur Sozialversicherung führte die GmbH seit Aufnahme der Tätigkeit der Gesellschafter-Ehegatten nicht ab. In den turnusmäßig durchgeführten sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfungen beanstandete die Deutsche Rentenversicherung Bund dies für die bis zum 31.12.2010 reichenden Prüfungszeiträume zunächst nicht. Für die folgenden Prüfzeiträume (2011–2014) stellte sie hingegen per Bescheid die Sozialversicherungspflicht der Gesellschafter-Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung fest und forderte Beiträge in Höhe von insgesamt rund 115.325 € nach. Die GmbH blieb mit ihrer dagegen gerichteten Klage erfolglos.

Entscheidung

Die Richter urteilten, dass die Geschäftsführer der klagenden GmbH allein aufgrund ihrer Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliegen und das familiäre Näheverhältnis zwischen Geschäftsführern und Mehrheitsgesellschaftern einer GmbH daran nichts ändert. Frühere anderslautende Entscheidungen des Bundessozialgerichts vermittelten kein Vertrauen in eine hiervon abweichende Beurteilung, so das Gericht. Es handele sich stets um spezifische Einzelfälle. Ebenso wenig begründen Betriebsprüfungen, die ohne sozialversicherungsrechtliche Beanstandungen beendet wurden und ohne dass ein entsprechender feststellender Bescheid erging, Vertrauensschutz, weil es hierfür an einem Anknüpfungspunkt fehle. Denn die Prüfmitteilungen über die zuvor durchgeführten Betriebsprüfungen enthielten lediglich die Aussage, die stichprobenweise durchgeführte Prüfung habe keine Feststellungen ergeben. Mangels Regelungswirkung liege damit kein Verwaltungsakt vor, der Anknüpfungspunkt für Bestands- und Vertrauensschutz hinsichtlich der Statusfrage der Geschäftsführer auch für die Zukunft sein könne. Seit Änderung der Beitragsverfahrensordnung zum 1.1.2017 müssen allerdings Betriebsprüfungen künftig auch bei fehlenden Beanstandungen zwingend durch einen Verwaltungsakt beendet werden. Die darin enthaltenen Feststellungen seien bei neuerlichen Betriebsprüfungen zu beachten und können einer anderslautenden Beurteilung entgegengehalten werden, meinten die Richter. Zudem seien die prüfenden Rentenversicherungsträger verpflichtet, die Betriebsprüfung auf die im Betrieb tätigen Ehegatten, Abkömmlinge des Arbeitgebers sowie geschäftsführende GmbH-Gesellschafter zu erstrecken, sofern ihr sozialversicherungsrechtlicher Status nicht bereits durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist.

Konsequenzen

Das Urteil wird zu mehr Rechtssicherheit führen. Es bestätigt die seit 2015 endgültig aufgegebene „Kopf und Seele“-Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und bekräftigt erneut, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Gesellschafter-Geschäftsführern nur dann nicht vorliegt, wenn diese die umfassende Rechtsmacht haben, ihnen ungelegene Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Für die Zukunft ist ferner klargestellt, dass auch für beanstandungsfreie Betriebsprüfungen die Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts besteht. Betriebsprüfungen, die in der Vergangenheit mangels Beanstandungen ohne Bescheid beendet wurden, vermitteln keinen Bestands- und Vertrauensschutz.

Dr. Andreas Rohde

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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