Außerordentliche Kündigung eines Geschäftsführer-Dienstvertrags bei Compliance-Verstößen

Sachverhalt

Der Kläger ist ehemaliger Geschäftsführer der beklagten GmbH, die wiederum Teil eines Konzerns ist, der ein umfangreiches Compliance-Programm zur Einhaltung von Recht, Gesetz und Unternehmensrichtlinien verfolgt. Die konzernweiten Compliance-Bestimmungen sahen vor, dass Provisionen ab einer bestimmten prozentualen Größenordnung nur schriftlich sowie unter Einhaltung eines Vier-Augen-Prinzips und nach Zustimmung des Vorstands vereinbart werden durften. Der Kläger missachtete indes diese Konzernrichtlinie und vereinbarte mit einem Geschäftspartner der Beklagten eine Provision, die die in den unternehmensinternen Bestimmungen vorgesehenen Beträge deutlich überstieg. Den Zustimmungsvorbehalt hielt er ebenfalls nicht ein und formulierte die Provisionsvereinbarung zugunsten des Geschäftspartners als Umgehung der Konzernrichtlinie. Daraufhin kündigte die Beklagte nach ordnungsgemäßer Beschlussfassung das Dienstverhältnis des Klägers fristlos; es folgte dessen Abberufung als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung. Der Kläger wollte dies nicht hinnehmen und klagte auf Fortzahlung seines Geschäftsführergehalts.

Entscheidung

Hatte das Landgericht dem Kläger noch recht gegeben, sah das Oberlandesgericht dies anders und entschied zugunsten der beklagten GmbH, dass die fristlose Kündigung des Dienstvertrags des Klägers wirksam war. Der Verstoß gegen die Compliance-Vorschriften an sich, das heißt unabhängig von dem eingetretenen Schaden, stelle einen gravierenden Pflichtverstoß des Klägers dar, der die sofortige Beendigung des Dienstvertrags – ohne vorherige Abmahnung – rechtfertigt habe. Die schwerwiegende Pflichtverletzung sei auch dann gegeben, wenn das Geschäft genehmigungsfähig sei, denn die Einhaltung der Compliance-Regeln sei strikt zu beachten, so die Richter. Zudem sei durch die verschleiernde „Umgehung“ der Compliance-Regeln das bestehende besondere Vertrauensverhältnis zerstört, denn die verletzten Regeln standen nicht zur Disposition des Mitgeschäftsführers.

Konsequenz

Das Urteil ist äußerst praxisrelevant für den Umgang mit Compliance-Regeln im Unternehmen, denn wer die internen Richtlinien seines Unternehmens und die Sanktionen, mit denen Verstöße dagegen bewehrt sind, nicht kennt, ist zur Unternehmensführung nicht geeignet. Compliance-Vorschriften sind für alle Mitarbeiter verbindlich. Jeder muss von der Möglichkeit der Kenntnisnahme Gebrauch machen und sich gegebenenfalls aktiv darum bemühen. Die Richter deuteten freilich an, dass diese Pflicht strenger zu sehen sei, je höher die Position des Mitarbeiters ist. Das Urteil verdeutlicht schließlich insbesondere, dass es keinen Unterschied macht, ob Mitarbeiter die Regeln trotz Verfügbarkeit nicht kennen oder diese bewusst ignorieren: In beiden Fällen entstehen Verantwortlichkeiten und Haftungsrisiken.
 

Dr. Andreas Rohde

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

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Christina Schrey

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

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