"Selbstüberlassung" eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers

Kernaussage

In der Praxis ist häufig die Konstellation einer "Ein-Mann-GmbH" vorzufinden, die auf Basis von Rahmenvereinbarungen Leistungen ausschließlich in der Person eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers für ein Unternehmen erbringt. Mit einer solchen Konstellation und der Frage, ob dieser Gesellschafter-Geschäftsführer Arbeitnehmer des anderen Unternehmens geworden ist, musste sich jüngst das Bundesarbeitsgericht beschäftigen und hat die Arbeitnehmerstellung verneint, weil der Alleingesellschafter allein die Entscheidungen der GmbH treffe.

Sachverhalt

Der Kläger war als freier Mitarbeiter bei der Beklagten, einer Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Nach mehreren Jahren der Zusammenarbeit wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Zusammenarbeit zukünftig noch deutlich weiter ausgebaut werden könne. Daraufhin gründete der Kläger eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Darüber hinaus beantragte der Kläger erfolgreich die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und schloss mit der Beklagten eine Rahmenvereinbarung über die Überlassung von Produktionspersonal. Jahrelang verlieh der Kläger sodann auf dieser Basis sowohl sich selbst als auch einzelne Arbeitnehmer seiner GmbH an die Beklagte. Nachdem die Beklagte die mit dem Kläger bestehende Rahmenvereinbarung und die gesamte Zusammenarbeit aufkündigte, wollte der Kläger arbeitsgerichtlich feststellen lassen, dass er eigentlich in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stünde und daher auch weiterhin im zeitlichen Umfang einer Vollzeitkraft zu beschäftigen sei. Das Landesarbeitsgericht gab dem Kläger Recht, das Bundesarbeitsgericht folgte der Ansicht der Beklagten.

Entscheidung

Aus Sicht der Richter lag, allerdings noch unter Berücksichtigung der "alten" Fassung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis vor. Folglich war der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer auch nicht als Arbeitnehmer der Beklagten anzusehen. Ein Arbeitsvertrag war im konkreten Fall weder ausdrücklich noch durch ein darauf gerichtetes schlüssiges Verhalten beider Seiten zustande gekommen. Insofern konnte der Kläger auch nicht als Leiharbeitnehmer an die Beklagte überlassen werden. Dafür fehlte es insbesondere auch an dem für die Arbeitnehmerüberlassung erforderlichen Unterordnungsverhältnis, das bei einem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer gerade nicht gegeben ist. Auch die zwischen den Parteien vereinbarte und gelebte Rahmenvereinbarung war nicht auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet, da eine Verleiherlaubnis vorlag und der Kläger sich aufgrund eigener Entscheidung zur "Selbstüberlassung" an die Beklagte im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit "seiner" GmbH entschlossen hatte. Ein Rechtsmissbrauch wurde durch das Bundesarbeitsgericht ebenfalls verneint.

Konsequenz

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist nachvollziehbar. Abzuwarten bleibt jedoch, ob diese Rechtsprechung auch nach der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes weiterhin Bestand haben wird. Darüber hinaus sollte die Übertragung der Entscheidung auf ähnlich gelagerte Fälle mit Vorsicht geschehen, da das Bundesarbeitsgericht in seinen Ausführungen deutlich gemacht hat, dass Konstellationen dieser Art kritisch bleiben und stets die Gefahr der Annahme eines Arbeitsverhältnisses besteht.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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