Rechtsprechung zur körperschaftsteuerlichen Organschaft

Hintergrund

Verpflichtet sich eine Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag (GAV), ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Träger des Unternehmens (Organträger) steuerrechtlich zuzurechnen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 KStG erfüllt sind. Danach muss der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (so genannte finanzielle Eingliederung). Zudem wird verlangt, dass der GAV auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer auch durchgeführt wird, andernfalls gilt die Organschaft von Anfang als unwirksam. In drei aktuellen Urteilen vom 10.5.2017 äußert sich der Bundesfinanzhof zu verschiedenen Problemfeldern bei der Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft.

Entscheidungen

Unterbrechung der Organschaft

Der Bundesfinanzhof stellt fest, dass ein zeitweiliges Fehlen der finanziellen Eingliederung innerhalb der fünfjährigen Mindestvertragslaufzeit lediglich dazu führt, dass die steuerrechtlichen Folgen der Organschaft für diejenigen Jahre, in denen die gesetzlichen Anerkennungsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben, zu versagen sind (partielle Versagung). In den übrigen Jahren sei die Organschaft anzuerkennen.

Umwandlungssteuerrechtliche Rückwirkungsfiktion

Sofern beabsichtigt wird, einen Teilbetrieb auf eine Tochtergesellschaft mit steuerlicher Rückwirkung auszugliedern und im Umwandlungsjahr mit der aufnehmenden Gesellschaft bereits ein Organschaftsverhältnis zu begründen, sollte dies im Wege der Neugründung erfolgen. Im zu entscheidenden Fall des Bundesfinanzhofs fand die Ausgliederung aber gerade auf eine Vorratsgesellschaft statt, deren Anteile die übertragende Gesellschaft im Rückwirkungszeitraum von einem Dritten erworben hatte. Insofern verneint das Gericht im Streitjahr die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft (Vorratsgesellschaft) in den Organträger. Im Hinblick auf die Berechnung der fünfjährigen Mindestlaufzeit des GAV vertritt das Gericht den Standpunkt, dass die Rückwirkung eines Einbringungsvorgangs einzubeziehen ist, auch wenn sie wie im vorliegenden Fall auf einen Zeitpunkt vor Gründung der Organgesellschaft wirkt.

Ausgleichszahlungen an Minderheitsgesellschafter

Die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen für den Minderheitsgesellschafter einer organschaftlich eingebundenen Organgesellschaft steht nach dem Verständnis des Bundesfinanzhofs der körperschaftsteuerrechtlichen Anerkennung eines Gewinnabführungsvertrags entgegen, wenn neben einem bestimmten Festbetrag ein zusätzlicher Ausgleich gewährt wird, dessen Höhe sich am Ertrag der vermeintlichen Organgesellschaft orientiert. Dadurch werde nicht der gesamte Gewinn abgeführt. Das gilt – so das Gericht – jedenfalls dann, wenn die Ausgleichszahlungen wirtschaftlich einer Ausschüttung im Verhältnis der Beteiligung des Außenstehenden entsprechen.

Verlustübernahmevereinbarung

Zudem hat der Bundesfinanzhof festgestellt, dass eine körperschaftsteuerliche Organschaft nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG a.F. voraussetzt, dass ausdrücklich die Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG vereinbart worden ist und zwar auch bezogen auf solche Regelungsbestandteile, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gewinnabführungsvertrags noch nicht in Kraft getreten waren. Das Gericht erkennt dementsprechend die Organschaft im zu entscheidenden Fall nicht an, weil der Verweis auf die Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG fehlte und auch nicht bis zum 31.12.2014 durch die rückwirkende so genannte Amnestieregelung nachgeholt wurde. Die Gewährung von Bestandsschutz für vor dem 1.1.2006 abgeschlossene Gewinnabführungsverträge gemäß dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen komme nicht in Betracht, weil das Gericht daran nicht gebunden sei.

Hinweise

Bislang war höchstrichterlich ungeklärt, ob eine Unterbrechung der Organschaft vor dem Ablauf der Mindestlaufzeit des Vertrags dazu führt, dass die Organschaft nur partiell oder insgesamt (rückwirkend und zukünftig) zu versagen ist (so wohl bislang die Ansicht der Finanzverwaltung). Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist somit zu begrüßen, allerdings bleibt die Reaktion der Finanzverwaltung hierauf noch abzuwarten. Gewinnabführungsverträge, die einen variablen, am Gewinn der Organgesellschaft und der Beteiligung des Außenstehenden orientierten Zusatzausgleich der Organgesellschaft vorsehen, sollten mit Blick auf die neue Rechtsprechung überprüft werden. Ebenfalls besteht Handlungsbedarf für vor dem 1.1.2006 abgeschlossene Gewinnabführungsverträge, die noch keinen Verweis auf § 302 Abs. 4 AktG enthalten.Insgesamt ist die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, bezogen auf die Würdigung von Regelungen in Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – auch mit Blick auf die Rechtswidrigkeit der Übergangsregelung zum Sanierungserlass –, als restriktiv zu qualifizieren.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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