Geänderte Rechtsprechung zu eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen

Kernaussage

Gerät eine GmbH in eine wirtschaftliche Schieflage, müssen regelmäßig die Gesellschafter ihren Beitrag leisten, um eine Insolvenz abzuwehren. Diese Gesellschafterleistungen können in der Zuführung von frischem Eigenkapital bestehen, aber auch in der Gewährung von Darlehen oder in der Übernahme von Bürgschaften gegenüber externen Gläubigern (z.B. Banken). Wird die GmbH später trotz der Finanzierungsmaßnahmen insolvent, so konnten die Gesellschafter ihren Verlust in Form von ausgefallenen Darlehensforderungen oder Inanspruchnahmen aus Bürgschaften bisher steuerlich geltend machen. Diese Rechtslage hat sich durch eine jüngst veröffentlichte Entscheidung des Bundesfinanzhofs geändert.

Sachverhalt

Der Gesellschafter einer GmbH hatte im Jahr 2006 für die GmbH Bürgschaften gegenüber deren Hausbank übernommen, weil die Bank der GmbH verschiedene Darlehen gewährt, hierfür jedoch Sicherheiten der Gesellschafter verlangt hatte. Nachdem die GmbH einige Jahre Verluste erlitten hatte und Sanierungsversuche erfolglos geblieben waren, stellte der Geschäftsführer im Februar 2011 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der vom Amtsgericht im Mai 2011 mangels Masse abgelehnt wurde. Daraufhin wurde der Gesellschafter von der Bank aus den Bürgschaften in Anspruch genommen. Den an die Bank gezahlten Betrag von 140.000 € machte der Gesellschafter als zusätzlichen Auflösungsverlust nach § 17 EStG steuerlich geltend. Nachdem das Finanzamt den Verlust nicht anerkannt hatte, erhob der Gesellschafter erfolgreich Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf. Der Bundesfinanzhof entschied nun über die Revision des Finanzamts.

Entscheidung

Im Ergebnis gab der Bundesfinanzhof dem Kläger Recht und bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf – allerdings nur, weil er aus Gründen des Vertrauensschutzes die bisherige Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall und alle anderen Fälle weiter anwendet, in denen der Gesellschafter seine Finanzierungshilfe bis zum Tag der Veröffentlichung des Urteils (27.9.2017) geleistet hat. Inhaltlich hat der Bundesfinanzhof nämlich seine bisherige Rechtsprechung geändert und dies mit einer Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen begründet. Bislang konnten Finanzierungshilfen des GmbH-Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten geltend gemacht werden, wenn sie nach den Vorschriften des GmbH-Gesetzes eigenkapitalersetzend waren. Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 ist jedoch das Eigenkapitalersatzrecht aufgehoben und ersetzt worden durch den gesetzlichen Nachrang sämtlicher Gesellschafterfinanzierungen im Insolvenzfall. Damit ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs auch die Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung dieser Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten für die GmbH-Beteiligung entfallen. Solche lägen nur noch in Ausnahmefällen vor, wenn die Finanzierungshilfen nach der handelsrechtlichen Definition als Anschaffungskosten zu bewerten seien, weil es sich steuerbilanziell um Einlagen in das Vermögen der GmbH handelt. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, liegt regelmäßig ein steuerlich unbeachtlicher privater Vermögensverlust des Gesellschafters vor.

Konsequenz

Die höchstrichterliche Entscheidung zu dieser seit vielen Jahren im Schrifttum intensiv diskutierten Frage ist mit Spannung erwartet worden. In dieser Deutlichkeit darf die Änderung der Rechtsprechung als Überraschung gewertet werden, zumal sich die Finanzverwaltung im Wesentlichen für eine Fortdauer der bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze ausgesprochen hatte. Positiv ist zu werten, dass der Bundesfinanzhof die Tragweite seiner Entscheidung antizipiert und sämtliche Altfälle unter Vertrauensschutz gestellt hat. Zukünftig sollten Finanzierungsmaßnahmen von Gesellschaftern in der Krise einer GmbH sorgfältig im Vorhinein geplant werden. Wenn bei Darlehensgewährung und Bürgschaftsübernahme im Worst Case noch nicht einmal eine steuerliche Abzugsfähigkeit möglich ist, bleibt als Ausweg wohl nur die Zuführung von echtem Eigenkapital.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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