Können Versorgungszusagen geändert werden?

 

Sachverhalt

Im konkreten Fall ging es um die Klage einer 87-jährigen Witwe, die den ehemaligen Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemanns auf Zahlung einer entsprechend der Tarifgehaltserhöhungen angepassten Betriebsrente verklagte. Dem Ehemann war 1976 eine Ruhegehaltszusage erteilt worden, die auch eine Hinterbliebenenversorgung umfasste. Enthalten war ebenfalls eine Anpassungsregel. Danach ändern sich die Versorgungsbezüge ebenso wie die Entwicklung der höchsten Tarifgruppe für kaufmännische Angestellte der pfälzischen Eisen- und Metallindustrie.

Im Sommer 2016 erklärte der ehemalige Arbeitgeber dann, dass er die tariflichen Anpassungen nicht mehr wie bisher erfüllen werde. Es berief sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB. Stattdessen würden Erhöhungen der Witwenrente nur noch nach § 16 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) vorgenommen werden. Die Begründung für diese Vorgehen lag aus Sicht des Arbeitgebers darin, dass sich für den Arbeitgeber nach Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes die Rückstellungen für Betriebsrenten aufgrund gestiegener Barwerte deutlich erhöht hätten. Mit Wirkung ab Juli 2016 gab der Arbeitgeber Tariferhöhungen dann nicht mehr weiter.
Hiermit war die Witwe nicht einverstanden und verklagte den ehemaligen Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes. Ihrer Auffassung nach sei der Arbeitgeber an die Anpassungsregelungen verbindlich gebunden.

Entscheidung

Die Klage war erfolgreich. Das Bundesarbeitsgericht folgte der Auffassung der Witwe.

Die Richter führten aus, dass es zwar rechtlich grundsätzlich möglich sei, die Anpassung von Versorgungsregelungen auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu stützen. Im konkreten Fall seien die Voraussetzungen dafür aber nicht erfüllt. Die Argumentation des Arbeitgebers überzeugte die Richter nicht. So berechtige ein schlechterer wirtschaftlicher Verlauf des Geschäftsjahrs nicht zum Widerruf von laufenden Betriebsrenten und somit auch nicht zu einer Änderung einer Anpassungsregelung. Auch habe sich das Unternehmen in seiner Begründung auf Umstände einer vermeintlichen Verteuerung der Witwenrente gestützt, die weiterhin unverändert Inhalt der Versorgungszusage sind.

Konsequenz

Drum prüfe, wer sich binde. Dies gilt nicht nur für die Ehe, sondern auch für die Erteilung von Versorgungszusagen. Zwar wurde nochmals deutlich, dass eine nachträgliche Änderung sehr wohl möglich sein kann, wenn tatsächlich eine Störung der Geschäftsgrundlage nachweisbar gegeben ist und entsprechend dargelegt werden kann. Die Hürden sind hierfür aber hoch.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Alexander Kirsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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