Zählen Arbeitnehmer im Ausland für Mitbestimmung?

Hintergrund

Nach dem Mitbestimmungsgesetz haben Arbeitnehmer in Unternehmen, die als Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Genossenschaft betrieben werden und in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen, ein Mitbestimmungsrecht über den Aufsichtsrat. Bei Unternehmen mit nicht mehr als 10.000 Arbeitnehmern setzt sich der Aufsichtsrat grundsätzlich aus jeweils sechs Mitgliedern der Anteilseigner und Arbeitnehmer zusammen, bei bis zu 20.000 Arbeitnehmern sind es jeweils acht, bei mehr als 20.000 Arbeitnehmern sind es jeweils zehn. Darüber hinaus bestimmt das Mitbestimmungsgesetz eine von der Größe des Aufsichtsrats abhängige Mitbestimmung durch Gewerkschaftsvertreter und unter weiteren Voraussetzungen eine Frauenquote von 30 %.

Sachverhalt

Der Aktionär einer Aktiengesellschaft, die als Muttergesellschaft konzernweit mehr als 2.000 Mitarbeiter, davon aber lediglich 1.192 in Deutschland, beschäftigt, beantragte die gerichtliche Entscheidung, dass die bisherige Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht rechtskonform sei. Der bisherige Aufsichtsrat war nach dem Drittelbeteiligungsgesetz gebildet worden und umfasste neun Mitglieder, von denen drei Arbeitnehmer waren. Nach dem Mitbestimmungsgesetz wäre jedoch bei einer Zahl von mehr als 2.000 Arbeitnehmern ein zwölfköpfiger Aufsichtsrat zu bilden, der zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern bestehen müsste. Die erforderlichen mehr als 2.000 Arbeitnehmer würden jedoch nur erreicht, wenn auch die ausländischen Konzern-Mitarbeiter zu berücksichtigen wären.

Entscheidung

Das Landgericht Frankfurt hatte den Antrag des Antragsstellers zurückgewiesen, die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht Frankfurt mit Beschluss vom 25.5.2018 nun ebenfalls abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts sei der Aufsichtsrat zutreffend nach dem Drittelbeteiligungsgesetz gebildet, da für die Berechnung der für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats maßgeblichen Anzahl an Arbeitnehmern ausschließlich die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer zu berücksichtigen seien. Diese Unterscheidung ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Mitbestimmungsgesetz, welches keine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern inländischer und ausländischer Betrieb vornehme. Allerdings nehme das Gesetz Bezug auf das Betriebsverfassungsgesetz. Hier gelte das Territorialprinzip, sodass ausschließlich an das Belegenheitsrecht des konkreten Betriebs anzuknüpfen sei. Dem widerspreche auch der Zweck des Mitbestimmungsgesetzes, die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ausgehend vom Grundsatz der Gleichberechtigung und Gleichgewichtigkeit von Arbeitnehmern und Anteilseignern auszubauen, nicht. Auch der Umstand, dass Arbeitnehmer ausländischer Tochterunternehmen, wie vom Europäischen Gerichtshof entschieden, nicht als Mitglieder des Aufsichtsrats wählbar sind, begründe deren Nichtberücksichtigung bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Der Argumentation des Antragsstellers, die Nichtberücksichtigung der Arbeitnehmer ausländischer Tochtergesellschaften schaffe Anreize zur Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland, folgt das Gericht dagegen nicht. Bei der Vielzahl der wirtschaftlichen und sozialen Überlegungen, die mit einer Standortwahl verbunden seien, spiele die Frage der Mitbestimmung nur eine untergeordnete Rolle, sodass mit ihr keine relevanten Anreize zur Arbeitsplatzverlagerung verbunden seien.

Ausblick

Die Frage nach der Berücksichtigung im Ausland beschäftigter Arbeitnehmer ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Auch das Oberlandesgericht Frankfurt hat in der vorliegenden Entscheidung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen, da keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der herrschenden Auffassung, die so zuletzt auch von den Landgerichten in Hamburg, Dortmund und Stuttgart in ähnlich gelagerten Fällen vertreten wurde, bestünden. Auch die Vielzahl der vom Antragsteller initiierten Verfahren begründe keine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur endgültigen Klärung ist somit in naher Zukunft nicht zu erwarten.

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