Reform des Investmentsteuergesetzes: Wurde die angestrebte Vereinfachung der Besteuerung von Investmentfonds erreicht?


Ein Zwischenfazit zwei Jahre nach der Investmentsteuerreform

Mit der Reform des Investmentsteuergesetzes 2018 wurde die Besteuerung von Investmentfonds nahezu völlig neu geregelt. Bereits im Jahr 2011 hatte die Finanzverwaltung die Neukonzeption der inländischen Fondsbesteuerung gefordert. Der Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz – InvStRefG) in der Fassung vom 16.12.2015 sah insbesondere die Verhinderung von Steuersparmodellen, Einschränkung des steuerlichen Gestaltungspotential sowie Abbau des administrativen Aufwands vor. Ziel war es, ein neues Besteuerungssystem für Publikums-Investmentfonds einzuführen, das wesentlich einfacher, leichter administrierbar und gestaltungssicherer sein sollte als das bis dato geltende Verfahren.

Die grundlegende Änderung des Gesetzes betrifft die sogenannten Publikums-Investmentfonds, also die „Standardfonds“, die sowohl private wie auch betriebliche Anleger erwerben können. Hier wurden im Zuge der Reform des Investmentsteuergesetzes zwei voneinander unabhängige Besteuerungssysteme eingeführt. Im Gegensatz zu der bisher transparenten Besteuerung der Investmenterträge auf Anlegerebene und dadurch (weitestgehend) steuerfreien Behandlung auf Fondsebene führt das neue intransparente Besteuerungssystem nun zu einer Steuerpflicht auf Fondsebene und einer anschließenden Besteuerung auf Ebene des Anlegers.

Teilkompensation einer Doppelbesteuerung von Investmenterträgen durch Teilfreistellungen 

Um eine Doppelbesteuerung der Investmenterträge auf Fondsebene und anschließend auf Anlegerebene zu vermeiden, werden die Erträge auf Anlegerebene zum Teil freigestellt. Die Höhe der Teilfreistellungsquote bestimmt sich zunächst nach der Art des Investmentfonds sowie nach dem Anlegertyp. Bei den Investmentfonds wird zwischen Aktienfonds, Mischfonds, Immobilienfonds und sonstigen Fonds unterschieden. Da Investmentfonds in der Regel nicht nur in eine Anlageklasse investieren, ist die Zusammensetzung des Investmentvermögens entscheidend für die Zuordnung des Fonds zu einer bestimmten Fondskategorie. So handelt sich um einen Aktienfonds, wenn der Fonds gemäß seiner Anlagebedingungen fortlaufend mehr als 50 % seines Aktivvermögens in Kapitalbeteiligungen anlegt. Demgegenüber liegt ein Mischfonds vor, wenn der Fonds mindestens 25 %, aber höchstens 50 % seines Aktivvermögens in Kapitalbeteiligungen anlegt. Bei Immobilienfonds ist das Aktivvermögen zu mehr als 50 % in Immobilien und Immobilien-Gesellschaften angelegt. Alle anderen Investmentfonds, also Fonds die weniger als 25 % ihres Aktivvermögens in Kapitalbeteiligungen und weniger als 50 % ihres Aktivvermögens in Immobilien anlegen, bezeichnet man als sonstige Investmentfonds. 

Aus der nachfolgenden Tabelle können Sie die jeweiligen Teilfreistellungssätze für die verschiedenen Anleger- und Fondstypen entnehmen:

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Kontinuierliche Besteuerung von Investmenterträgen durch Einführung von Vorabpauschalen

Neben Ausschüttungen und Gewinnen aus der Veräußerung oder Rückgabe von Investmentanteilen unterliegen auch die sogenannten Vorabpauschalen der Besteuerung auf Anlegerebene. Soweit der Fonds keine oder nur sehr geringe Erträge ausschüttet und dadurch eine Wertsteigerung erzielt, ist dieser Wertzuwachs mit einer pauschalierten Rendite zu vergleichen. Diese pauschal ermittelte Rendite wird als Vorabpauschale bezeichnet, da sie durch Multiplikation eines vorgegebenen Prozentsatzes mit dem Wert des Fondsanteils am Jahresanfang berechnet wird. Die Vorabpauschale ist jährlich auf Anlegerebene der Besteuerung zu unterwerfen. Es sei denn, der tatsächliche Wertzuwachs des Fonds ist niedriger. In diesem Fall wird der tatsächliche Wertzuwachs auf Anlegerebene versteuert. Im Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung oder Rückgabe des Fonds ist der Gewinn um die Summe der Vorabpauschalen zu vermindern bzw. um einen Verlust zu erhöhen. So kommt es auch hier nicht zu einer Doppelbesteuerung.

Vereinfachung geglückt! Oder doch nicht?

Investmentfonds im Privatvermögen

Durch die Einführung des neuen Investmentsteuergesetzes zum 1. Januar 2018 müssen Anleger, die ihre Investmentanteile vor dem 1. Januar 2018 erworben haben, bei der Besteuerung sowohl das alte als auch das neue Investmentsteuerrecht berücksichtigen. Mit Ablauf des 31. Dezember 2017 wurde eine fiktive Veräußerung und am 1. Januar 2018 eine fiktive Anschaffung der Investmentanteile unterstellt. Ziel dieses fiktiven Veräußerungs- und Anschaffungsvorgangs war, einen fiktiven Veräußerungsgewinn bzw. -verlust nach alter Rechtslage zu ermitteln, um diesen dann im Zeitpunkt der späteren tatsächlichen Veräußerung nach alter Rechtslage der Besteuerung zu unterwerfen. Durch die fiktive Anschaffung der Fondsanteile zum 1. Januar 2018 wird eine Doppelbesteuerung der bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Erträgen durch die jährliche Besteuerung der Vorabpauschalen bzw. des tatsächlichen Wertzuwachses vermieden. Der Steuerpflichtige hatte somit im Jahr 2018 für sämtliche Investmentfonds, die vor dem 1. Januar 2018 angeschafft wurden, den fiktiven Veräußerungsgewinn bzw. -verlust zu ermitteln und bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung nachzuhalten. 

Für natürliche Personen, die ihre Investmentfonds im Privatvermögen halten, hält sich der Mehraufwand durch die Reform des Investmentsteuergesetzes in Grenzen, sofern die Fondsanteile in einem Depot bei einer inländischen Depotbank verwahrt werden. In diesem Fall ist die inländische Depotbank verpflichtet, die Werte für den Steuerpflichtigen nachzuhalten. Soweit der Steuerpflichtige Investmentfonds aus einem Depot bei einer inländischen Depotbank in ein Depot bei anderen inländischen Depotbank überträgt, sind ebenfalls alle steuerrelevanten Daten wie beispielsweise fiktive Veräußerungsgewinne, Vorabpauschalen, Anschaffungskosten und Anschaffungszeitpunkt an das andere inländische Kreditinstitut zu übermitteln. Insoweit ist bei inländischen Depotbanken sichergestellt, dass die steuerrelevanten Daten im Zeitpunkt der Veräußerung vorliegen und die Bank diese bereits zutreffend berücksichtigt. 

Investmentfonds im Betriebsvermögen

Anders sieht dies hingegen aus, wenn die Anteile im Betriebsvermögen gehalten werden. Zwar ist auch hier die inländische Depotbank verpflichtet, sämtliche steuerrelevante Daten nachzuhalten und bei einem Übertrag der Fondsanteile in ein Depot bei einer anderen inländischen Bank weiterzugeben, jedoch liegen der Bank nicht alle Informationen vor, um die steuerrelevanten Daten in zutreffender Höhe nachzuhalten. Hier ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen oder dessen steuerlichem Berater, zunächst die fiktiven Veräußerungsgewinne bzw. fiktiven Veräußerungsverluste für die einzelnen im Betriebsvermögen gehaltenen Investmentfonds zu ermitteln. Der fiktive Veräußerungsgewinn bzw. -verlust ermittelt sich als Differenz zwischen dem letzten im Kalender 2017 festgesetzte Fonds-Rücknahmepreis des Fondsanteils und dessen, am 31. Dezember 2017 in der Bilanz des Steuerpflichtigen aktivierten Buchwert. Da der Bank ein Buchwert der Fondsanteile am 31. Dezember 2017 nicht bekannt ist, setzt sie auch bei Anlegern, deren Fondsanteile sich im Betriebsvermögen befinden, die tatsächlichen Anschaffungskosten an, so dass ggf. die von der Bank für Rechnung des Steuerpflichtigen einbehaltene und abgeführte Steuer nicht in zutreffender Höhe erfolgt ist. Hier hat der Steuerpflichtige die Korrektur im Rahmen der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum der Fondsveräußerung vorzunehmen. Die z.T. aufwendige Ermittlung der fiktiven Veräußerungsgewinne bzw. -verluste sollten in jedem Falle durch den Steuerpflichtigen vorgenommen werden, da es ohne eine Korrektur im Rahmen der Steuererklärung zu einer Steuerverkürzung kommen kann, wenn der Buchwert der Fondsanteile am 31. Dezember 2017 unterhalb der tatsächlichen Anschaffungskosten liegt. 

Im Zuge der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, Gewinnen aus der Rückgabe von Investmentanteilen oder von Vorabpauschalen unterscheiden die Depotbanken nicht nach Anlegertyp mit der Folge, dass die von den Banken einbehaltene und für Rechnung des Steuerpflichtigen abgeführte Steuer unter Umständen zu hoch ist. Banken setzen für alle Anleger einheitlich die Teilfreistellungssätze für natürliche Personen, die diese im Rahmen der Erstellung der Steuerbilanz und Steuererklärung seitens des Steuerpflichtigen dann selbst ermittelt und korrigieren müssen. Sind Investmentfonds im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft enthalten an welcher sowohl natürliche Personen wie auch Kapitalgesellschaften beteiligt sind, sind im Rahmen der Feststellungserklärung die Teilfreistellungen auf Fondserträge für jeden Gesellschafter einzeln entsprechend seiner Beteiligungsquote zu ermitteln. 

Besonderheiten bei Investmentfonds in Depots bei ausländischen Depotbanken

Halten Privatanleger oder betriebliche Anleger Investmentfonds in einem Depot bei einer ausländischen Depotbank, ist diese nicht verpflichtet, auf Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf oder der Rückgabe von Investmentfonds die Teilfreistellungssätze anzuwenden und die auf den Gewinn entfallende Steuer für Rechnung des Steuerpflichtigen einzubehalten und abzuführen. Darüber hinaus ist der Steuerpflichtige verpflichtet die Vorabpauschalen für jeden Fonds selbst zu ermitteln und in der Steuererklärung anzugeben.

Fazit

Anleger, die ihre Anteile an Investmentfonds im Privatvermögen halten und deren Depot von einer inländischen Bank verwahrt wird, können auf die Steuerbescheinigung ihrer Depotbank vertrauen. Hier ist die Bank gesetzlich verpflichtet, die Kapitalertragsteuer unter Berücksichtigung von fiktiven Veräußerungsgewinnen, Teilfreistellungssätzen und Vorabpauschalen in korrekter Höhe für Rechnung des Steuerpflichtigen an die Finanzverwaltung abzuführen und entsprechend in Ihren Steuerbescheinigungen auszuweisen. Anders sieht es für betriebliche Anleger und privaten Anlegern, deren Depots von einer ausländischen Bank verwahrt werden, aus. Hier hat der Steuerpflichtige die Werte selbst zu ermitteln und im Rahmen der Steuerveranlagung zu korrigieren bzw. anzugeben. Der damit zusammenhängende Aufwand ist nicht zu unterschätzen und bei umfangreichen Depots mit vielen Transaktionen immens. 

Insgesamt betrachtet führt die Investmentsteuerreform zumindest für betriebliche Anleger nicht zu einer Vereinfachung in der Besteuerung. Im Gegenteil: Oft hat der Steuerpflichtige deutlich mehr Aufwand, bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Erträge, als vor der Reform. Hinzu kommt, dass im Rahmen der Steuerveranlagung aufgrund von Abweichungen zwischen den in den Steuerbescheinigungen der Depotbanken und der in der Steuererklärung angesetzten Erträge, vermehrt Rückfragen seitens der Finanzverwaltung gestellt werden.

Was können wir für Sie tun?

Als Fachberater für Vermögens- und Finanzplanung besitzen wir das nötige Fachwissen, um Sie bei der Ermittlung Ihrer Erträge aus Investmentfonds sowie hinsichtlich Ihrer Vermögensstrukturierung und langfristigen Vermögensausrichtung zu unterstützen. Gemeinsam bringen wir Ihr Vermögen auf Kurs – sowohl vor dem Hintergrund der Risikominimierung und Renditeoptimierung, als auch aus steuerlichen Gesichtspunkten und geben Ihnen Tipps wie Sie Kosten sowie administrativen Aufwand minimieren können.

Sprechen Sie uns gerne an – wir beraten Sie persönlich.

Matthias Kausemann

Steuerberater

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Christiane Frank

Steuerberaterin

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