Möglicher Anpassungsbedarf für Formulare: Geschlechtsneutrale Anrede muss ermöglicht werden

 

Sachverhalt

Eine Person darf mit einem Formular nicht dazu gezwungen werden, zwischen der Anrede „Herr“ oder „Frau“ zu wählen. Darin sei eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu sehen, entschied das Landgericht Frankfurt am Main.

Das „Dritte Geschlecht“

Bereits im Jahr 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität derjenigen schütze, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Nach diesem Urteil erfolgte eine Gesetzesänderung, die beim Eintrag in das Personenstandsregister auch die Option „divers“ zur Wahl stellt. Damit wurde bestätigt, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. 

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main

Geklagt hatte eine Person, die über ein Internet-Angebot eine Bahnfahrkarte kaufen wollte. Im Kauf- und Registrierungsprozess wurden für die Anrede nur „Herr“ und „Frau“ zur Auswahl gestellt. Obwohl sich die klagende Person keinem dieser Geschlechter zuordnet, musste sie eine Auswahl treffen, da diese Angabe als Pflichtfeld gefordert wurde. Die anschließende Kommunikation durch das Unternehmen erfolgte dann auch mit der Anrede „Herr“. 

Das Landgericht Frankfurt bestätigte den Unterlassungsanspruch der klagenden Person. Eine Person dürfe nicht dazu gezwungen werden, zwischen der Anrede „Herr“ und „Frau“ zu wählen und sich damit dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen. 

Handlungsempfehlung

Das Geschlecht spielt beim Kauf einer Fahrkarte und auch bei vielen anderen Rechtsgeschäften keine Rolle. In einem Formular sollte daher auf die verpflichtende Wahl einer Anrede verzichtet oder die Wahl einer geschlechtsneutralen Anrede ermöglicht werden. Im weiteren Schriftverkehr mit einer Person, die sich für die geschlechtsneutrale Ansprache entschieden oder keine Anrede ausgewählt hat, können dann neutrale Begrüßungen wie „Guten Tag“ verwendet werden. 

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Dr. Christian Lenz

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