Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Bildung von Drohverlustrückstellungen für Mieträumlichkeiten

Was sind Drohverlustrückstellungen?

Drohverlustrückstellungen müssen laut § 249 (1) Handelsgesetzbuch (HGB) für sich abzeichnende, aber noch nicht realisierte Verluste aus schwebenden Geschäften in der Handelsbilanz passiviert werden.
Ein schwebendes Geschäft ist ein auf Leistungsaustausch gerichteter, gegenseitiger Vertrag, der aus der Sicht jedes Vertragspartners einen Anspruch und eine Gegenleistung begründet. Beispiele hierfür sind Arbeitsverträge, Mietverträge oder offene Aufträge.

Üblicherweise stehen sich Anspruch und Gegenleistung ausgewogen gegenüber. Wenn dieses Verhältnis jedoch nicht mehr gegeben ist, der Wert der eigenen Verpflichtungen aus dem Vertragsverhältnis also den Wert der Ansprüche auf die Gegenleistung übersteigt, entsteht ein Verpflichtungsüberschuss. Dieser kann für bilanzierende Unternehmen die Bildung einer Drohverlustrückstellung erforderlich machen.

Drohverlustrückstellungen für Mieträumlichkeiten

Aufgrund der Corona-Pandemie verbringen viele Mitarbeiter ihre Arbeitszeit dauerhaft im Homeoffice. Gemietete Geschäftsräume vieler Unternehmen stehen dadurch leer und können nicht anderweitig genutzt werden. Dies führt dazu, dass das ausgewogene Verhältnis des Anspruchs und der Gegenleistung zulasten vieler Unternehmen nicht mehr gegeben ist, da die Miete weiterhin gezahlt werden muss. Wenn das Mietverhältnis nicht vorzeitig beendet werden kann, kann die Bildung einer Drohverlustrückstellung in Betracht kommen. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der Wertbeitrag der Mietsache zum Unternehmenserfolg hinreichend objektiv ermitteln lässt. Alternativ reicht auch die Tatsache, dass die Zurechenbarkeit konkreter Erträge (z.B. bei einer Untervermietung) oder eine vollends fehlende oder nicht nennenswerte Nutzungs- bzw. Verwertungsmöglichkeit des Mietobjekts gegeben ist.

Die Höhe der Drohverlustrückstellung richtet sich nach dem Erfüllungsbetrag. Bei Mietverträgen ist die künftig zu zahlende Miete im Verhältnis des Anteils der nicht mehr genutzten Mietfläche an der gesamten Mietfläche anzusetzen. Sofern ein Staffelmietvertrag vorliegt, müssen die Mieterhöhungen entsprechend in der Drohverlustrückstellung enthalten sein.

Der durch eine Drohverlustrückstellung entstehende Aufwand schmälert ein möglicherweise durch die Corona-Pandemie begründetes ohnehin geringes oder sogar negatives Jahresergebnis zusätzlich.

Handlungsmöglichkeiten für Unternehmen

Um der Bildung einer Drohverlustrückstellung zu entgehen, sollten betroffene Unternehmen prüfen, ob nach den Vertragsbedingungen in den Mietverträgen eine Kündigung des Vertrags aufgrund außergewöhnlicher Umstände ohne Vertragsstrafen möglich ist (sogenannte Material-Adverse-Change(MAC)- oder Force-Majeure-Klauseln). Die Corona-Pandemie könnte als „höhere Gewalt“ eingestuft werden. Im Zuge dessen könnten Unternehmen die Abnahme- bzw. Lieferverpflichtung vermeiden und die Bildung einer Drohverlustrückstellung würde entfallen.

Andreas Stamm

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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Benedikt Owerdieck

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