Sonderkündigungsschutz Datenschutzbeauftragter – Beschäftigtenzahl maßgeblich

Kernaussage

Sinkt die Beschäftigtenzahl unter den Schwellenwert, ab dem die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten nach dem BDSG verpflichtend ist, hat dies grundsätzlich auch das automatische Ende des Sonderkündigungsschutzes des Datenschutzbeauftragten zur Folge. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 5.12.2019 entschieden.

Sachverhalt

Im konkreten Fall ging es um die Wirksamkeit einer Kündigung, die ein Datenschutzbeauftragter von seinem Arbeitgeber erhalten hatte. Der Arbeitnehmer war seit April 2010 bei dem Arbeitgeber, einem australischen Bankinstitut, beschäftigt. Im Sommer 2010 war der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nach Maßgabe von § 4f BDSG in der bis 24.5.2018 geltenden Fassung zum Datenschutzbeauftragten ernannt worden. In diesem Zeitraum waren in der Niederlassung insgesamt neun Personen angestellt, die alle ständig automatisiert personenbezogene Daten verarbeiteten. In den Vorjahren hatte der Arbeitgeber mehr Angestellte.

In den Folgejahren 2010 bis 2015 waren in der Niederlassung sodann zwischen 10 und 13 Mitarbeiter angestellt; im Jahr 2016 waren es neun Mitarbeiter. Im April 2017 beendete der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer durch ordentliche Kündigung. Zu diesem Zeitpunkt war der Arbeitnehmer noch als Datenschutzbeauftragter bestellt; eine Abberufung vor Ausspruch der Kündigung erfolgte nicht. Als der Arbeitnehmer die Kündigung erhielt, beschäftigte der Arbeitgeber insgesamt acht Arbeitnehmer in der Niederlassung.

Der Arbeitnehmer erhob Klage gegen die Kündigung vor dem zuständigen Arbeitsgericht und erhielt in den ersten beiden Instanzen Recht. Beide Gerichte sahen die Kündigung als unwirksam an, da der Arbeitnehmer als Datenschutzbeauftragter gemäß § 4f Abs. 3 Satz 5 Bundesdatenschutzgesetz alte Fassung (BDSG a.F.) ordentlich nicht kündbar sei. Der Arbeitgeber legte hiergegen jedoch Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ein.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Kündigung – entgegen der Auffassung der beiden vorherigen Instanzen – nicht aufgrund des Sonderkündigungsschutzes als Datenschutzbeauftragter unwirksam sei. Der Arbeitgeber beschäftigte bei Zugang der Kündigung regelmäßig nicht mehr als neun Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten war daher nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben. Sinkt während der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter die Beschäftigtenzahl unter den Schwellenwert des § 4f Abs. 1 Satz 4 BDSG a.F., hat dies zur Folge, dass der Sonderkündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten nach § 4f Abs. 3 Satz 5 BDSG a.F. entfällt, ohne dass es eines Widerrufs der Bestellung durch den Arbeitgeber bedarf. Endet durch ein Unterschreiten des Schwellenwerts die Funktion als verpflichtender Datenschutzbeauftragter, beginnt der nachwirkende Sonderkündigungsschutz des § 4f Abs. 3 Satz 6 BDSG a.F. Das Bundesarbeitsgericht konnte nicht selbst entscheiden, ob dem Kläger ein nachwirkender Sonderkündigungsschutz zusteht, und verwies den Rechtsstreit daher zurück an das Landesarbeitsgericht.

Konsequenz

Das Urteil setzt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.7.2019 fort. Bereits damals hatte es entschieden, dass ein Datenschutzbeauftragter nur dann Sonderkündigungsschutz habe, wenn dessen Bestellung gesetzlich verpflichtend ist. Besonders relevant ist das Urteil auch deshalb, da aufgrund einer Gesetzesänderung im November 2019 die gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 BDSG relevante Zahl von Beschäftigten, ab der eine Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten besteht, von 10 auf 20 Mitarbeiter, die ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten betraut sind, angehoben wurde. Als Folge könnte eine Vielzahl von Datenschutzbeauftragten in kleinen Betrieben – soweit keine gesetzliche Ausnahme vorliegt – mit mehr als 10, aber weniger als 20 Arbeitnehmern ihren Sonderkündigungsschutz verloren haben. Eine Nachwirkung des Schutzes besteht noch bis zum 26.11.2020.

Dr. Christian Lenz

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Steuerrecht / Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Kirsten Garling

Rechtsanwältin

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