USt-Korrektur bei Forderungsausfall in der EU

Hintergrund

Fallen Forderungen aus, so stellt sich die Frage, ob die zugehörigen Erlöse sowie die entsprechende Umsatzsteuer berichtigt werden können. National ist dies grundsätzlich möglich, international, das heißt in anderen EU-Mitgliedstaaten kann dies dagegen fraglich sein. Dies mag die hiesigen Unternehmer überraschen, findet jedoch seine Begründung in Art. 90 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Demnach ist eine Korrektur der Bemessungsgrundlage bei Forderungsausfall grundsätzlich zulässig (Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL), die Mitgliedstaaten haben jedoch die Möglichkeit dies für den Fall der (teilweisen) Nichtzahlung einer Forderung auszuschließen (Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL). Deutschland hat keine dem Absatz 2 vergleichbare Regelung ins nationale UStG übernommen, andere Mitgliedstaaten hingegen schon.

Aktuelle Urteile des Europäischen Gerichtshofs eröffnen nun den Unternehmen die Möglichkeit, sich gegen die rigide Umsetzung des Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL in einzelnen Mitgliedstaaten zu wehren.

Sachverhalt Ungarn

Eine in Ungarn ansässige Leasinggesellschaft kündigte Leasingverträge nachdem die Kunden mit den Leasingraten in Rückstand gerieten. Der ungarische Fiskus verweigerte eine Korrektur der Umsatzsteuer. Unter anderem verwies er auf die dem Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL entsprechende Regelung in Ungarn und dass der vorliegende Fall als Nichtzahlung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sei.

Der Europäische Gerichtshof sieht dies anders und lässt eine Korrektur der Umsatzsteuer zu. Demnach fällt ein solcher Sachverhalt unter Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL, nicht jedoch unter Absatz 2 der Vorschrift. Zur Begründung verweist der Gerichtshof darauf, dass es sich hier aufgrund der Kündigung um eine endgültige Verminderung der Forderung handele und nicht um eine Nichtzahlung.

Sachverhalt Italien

Ein Unternehmer berichtigte Forderungen, weil sein Kunde für zahlungsunfähig erklärt wurde. Der italienische Fiskus verweigerte die Berichtigung, da diese erst zulässig sei, wenn endgültig feststehe, dass diese ausfalle, was die erfolglose Durchführung eines Insolvenzverfahrens voraussetze. Hierauf wollte der Unternehmer aber nicht warten und klagte, da die durchschnittliche Dauer eines solchen Verfahrens in Italien nicht selten zehn Jahre überschreitet. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit für eine Korrektur ausreiche. Das zuständige Finanzgericht hatte Zweifel, ob die dem Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL entsprechende Regelung in Italien verhältnismäßig sei.

Auch hier stimmt der Europäische Gerichtshof dem Kläger zu. Demnach kann ein Mitgliedstaat die Korrektur einer Forderung nicht vom Ausgang eines zehnjährigen Insolvenzverfahrens geltend machen. Zur Begründung verweist er darauf, dass Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL nicht dazu diene, die Korrektur der Umsatzsteuer beliebig ausschließen zu können, sondern eng auszulegen ist, da ansonsten der Grundsatz der Neutralität verletzt würde. Für adäquat hält der Gerichtshof eine Regelung, die eine Minderung der Umsatzsteuer zulässt, sobald der Ausfall der Forderung hinreichend wahrscheinlich ist und die Umsatzsteuer nachgefordert werden kann, wenn dann doch noch Geld fließt.

Konsequenz

Unternehmen, die in den übrigen EU-Mitgliedstaaten Umsätze erbringen, die der dortigen Umsatzsteuer unterliegen, müssen damit rechnen, dass eine Korrektur der Umsatzsteuer im Falle der Nichtzahlung des Kunden an der Umsetzung des Art. 90 Abs. 2 MwStSystRL scheitern kann. Sollte der dortige Fiskus die Korrektur der Umsatzsteuer insoweit versagen, ist jedoch genau zu prüfen, ob dies zu Recht erfolgt. Zum einen muss es sich tatsächlich um eine „Nichtzahlung“ handeln, zum anderen darf der Fiskus die Korrektur nicht verweigern, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen endgültigen Ausfall der Forderung spricht. 

Gert Klöttschen

Steuerberater

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