Personalgespräch bei Langzeitkranken

Kernaussage

Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch verpflichtet und kann wegen der Nichtteilnahme auch nicht abgemahnt werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht nun entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der beklagten Arbeitgeberin seit dem Jahr 2003 zunächst als Krankenpfleger beschäftigt. Aufgrund eines Unfalls und längerer anschließender Erkrankung war der Kläger zuletzt - befristet bis zum 31.12.2013 - als Dokumentationsassistent eingesetzt. Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 war der Kläger erneut arbeitsunfähig erkrankt. In diesem Zeitraum wurde der Kläger zweimal - an zwei vom Arbeitgeber vorgegebenen Terminen - zu einem Personalgespräch im Hinblick auf seine weitere Einsatzmöglichkeit einbestellt. Unter Berufung auf seine Erkrankung sagte der Kläger beide Termine ab. Der Arbeitgeber war jedoch der Auffassung, dass der Kläger zur Teilnahme verpflichtet sei, und mahnte diesen ab. Gegen diese Abmahnung wehrte sich der Kläger im Rahmen einer Klage vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung und war in allen Instanzen erfolgreich.

Entscheidung

Auch das Bundesarbeitsgericht bewertete die Abmahnung als unwirksam. Während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ruhen regelmäßig sämtliche Hauptleistungspflichten und auch alle damit verbundenen Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Damit einhergehend ist der Arbeitnehmer dann auch nicht verpflichtet, an einem Personalgespräch teilzunehmen, so dass die Absage keine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Arbeitnehmer darstellt, die Gegenstand einer Abmahnung sein können. Eine Ausnahme sei nach Ansicht der Richter nur dann gegeben, wenn ein dringender betrieblicher Grund für das Personalgespräch gegeben sei, das Gespräch dem Arbeitnehmer zumutbar und dessen persönliches Erscheinen beim Arbeitgeber notwendig sei. Eine solche Ausnahme war vorliegend aber nicht gegeben; der Arbeitgeber war also verpflichtet, die Abmahnung wieder aus der Personalakte zu entfernen.

Konsequenz

Mit der Entscheidung stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur in dringenden Ausnahmefällen zu einem Personalgespräch während einer Erkrankung einbestellen kann. Unbenommen bleibt dem Arbeitgeber bei Klärungsbedarf aber die Möglichkeit, selbst den Arbeitnehmer persönlich aufzusuchen oder aber telefonisch zu kontaktieren. Dies gilt aber auch nur dann, wenn der Arbeitnehmer gesundheitlich in der Lage ist, ein Gespräch mit dem Arbeitgeber zu führen.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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