Ein Crowdworker kann ein Arbeitnehmer sein

 

Crowdworker sah sich als Arbeitnehmer

Die Digitalisierung hat auch in der Arbeitswelt zu einer Vielzahl von Neuerungen und auch neuen Berufsbildern geführt. Im konkreten Fall hatte das Bundesarbeitsgericht über den Fall eines sogenannten Crowdworkers zu entscheiden. Dieser arbeitete Aufträge und Projekte ab, die er jeweils über eine Internetplattform vermittelt bekam. Dabei handelte es sich stets um verschiedene Aufträge, die auch jeweils im Schwierigkeitsgrad variierten. Basis der Zusammenarbeit war ein schmaler Vertrag. Dieser sicherte dem Crowdworker kein bestimmtes Auftragsvolumen zu. Gleichzeitig konnte der Crowdworker aber auch über jeden Auftrag frei entscheiden, ob er diesen annehmen wollte. Er durfte auch eigene Mitarbeiter einsetzen bzw. Unteraufträge verteilen. Durchhschnittlich arbeitete der Crowdworker 20 Stunden in der Woche und erzielte er so einen monatlichen Durchschnittsverdienst von knapp 1.800 €. Die Bezahlung erfolgte stets digital via Paypal.

Nach Unstimmigkeiten zwischen beiden Seiten teilte der Plattformbetreiber dem Crowdworker dann im Frühjahr 2018 mit, dass man ihm keine weiteren Aufträge mehr vermitteln, das noch vorhandene Guthaben auszahlen und anschließend seinen Account deaktivieren und löschen werde. Hiergegen wehrte sich der Crowdworker, da er sich trotz seiner Gewerbeanmeldung nicht als Selbstständigen, sondern als Arbeitnehmer der Firma sah. Er klagte sodann vor einem Arbeitsgericht. In den beiden ersten Instanzen folgten die Richter jedoch jeweils der Auffassung des Plattformbetreibers und beurteilten das ehemals bestehende Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis.

Bundesarbeitsgericht gibt Crowdworker Recht

Die Revision des Crowdworkers vor dem Bundesarbeitsgericht hatte dann aber teilweise Erfolg. Die Richter stuften den Crowdworker als Arbeitnehmer ein. So habe er – vergleichbar mit einem Arbeitnehmer – weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit geleistet.

Für ein Arbeitsverhältnis spricht es vor allem, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer infolge dessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann. Zeige die tatsächliche Durchführung eines Vertragsverhältnisses, dass es sich hierbei um ein Arbeitsverhältnis handelt, sei die Bezeichnung im Vertrag nicht entscheidend. Die vom Gesetz verlangte Gesamtwürdigung aller Umstände kann demnach ergeben, dass Crowdworker als Arbeitnehmer anzusehen sind. Im konkreten Fall des Crwodworkers sei dies der Fall.

Im Hinblick auf die geltend gemachten Vergütungsansprüche verwies das Bundesarbeitsgericht die Sache an die Vorinstanz zurück.

Fazit: Prüfen Sie bisherige Strukturen

Das Urteil ist die erste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Fall eines Crowdworkers.

Welche Auswirkungen diese Entscheidung tatsächlich für die Praxis haben wird, bleibt abzuwarten. Bei der Entscheidung handelte sich um eine Einzelfallentscheidung, sodass damit nicht gleich das Ende des gesamten Modells einhergeht. In jedem Fall sollten aber bisherige Strukturen und Abläufe geprüft und – soweit erforderlich – angepasst bzw. verändert werden. Abzuwarten bleibt auch, ob der Gesetzgeber sogar selbst aktiv wird und den Status von Crowdworkern regelt.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Michael Huth

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Alexander Kirsch

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

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