Übergang der Gewinnermittlung von der EÜR zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen

Kernaussage

Der Übergang der Gewinnermittlung von der EÜR zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG erfordert grundsätzlich die Ermittlung eines Übergangsgewinns. Soweit für Teilbereiche des Durchschnittssatzgewinns jedoch die Grundsätze der EÜR fortgelten, muss bei einem Wechsel kein Übergangsgewinn ermittelt werden.

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob aufgrund des Wechsels der Gewinnermittlungsart von der Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG EÜR) zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nach § 13a EStG eine Überleitungsrechnung vorzunehmen ist.

Der Kläger erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Er ermittelte seinen Gewinn für das Wirtschaftsjahr vom 01.07.2015 bis 30.06.2016 nach § 4 Abs. 3 EStG und für das Wirtschaftsjahr vom 01.07.2016 bis 30.06.2017 gemäß § 13a EStG. 

Das Finanzamt (FA) berücksichtigte wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart für das Wirtschaftsjahr 2016/2017 einen Übergangsgewinn, den es zur Hälfte bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Streitjahr ansetzte. 

Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg. Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und beantragt den Einkommensteuerbescheid für 2016 dahingehend abzuändern, dass der nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG ermittelte Gewinn von 11.983 € auf 3.965 € herabgesetzt wird. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidung

Das Finanzgericht hat zu Recht entschieden, dass aufgrund des Übergangs von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG im Streitjahr ein Übergangsgewinn anzusetzen ist.

Der Kläger ist zum 01.07.2016 bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von der Gewinnermittlung durch EÜR zulässiger Weise zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG übergegangen. Dies erfordert die Ermittlung eines Übergangsgewinns.

Gewinn i.S. des § 4 Abs. 3 EStG ist der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben. Im Grundsatz handelt es sich bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG um eine (Geld-)Zufluss- und Abflussrechnung, die der Gesetzgeber durch verschiedene Ausnahmetatbestände (z.B. § 4 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 EStG) modifiziert hat. Betriebseinnahmen werden grundsätzlich im Zeitpunkt des Zuflusses erfolgswirksam, während Betriebsausgaben, auch soweit sie mit dem Erwerb von Umlaufvermögen verbunden sind, grundsätzlich im Jahr der Verausgabung gewinnwirksam werden. Vom Zufluss- und Abflussprinzip abweichende Sonderregelungen gelten hingegen insbesondere für abnutzbare und nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG i.V.m. § 6 Abs. 7, §§ 7 ff. EStG und § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG.

Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG ist eine selbständige Gewinnermittlungsart, die bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft neben den Gewinnermittlungsarten durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG steht. Das Wesen der Durchschnittssatzgewinnermittlung liegt im Verzicht auf die Ermittlung des "tatsächlichen" Gewinns, wie er sich aus dem Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG ergibt. Stattdessen wird der Gewinn nach gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Werten bemessen.

Nach § 13a Abs. 4 EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) ist der Gewinn aus der landwirtschaftlichen Nutzung die nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG ermittelte Summe aus dem Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen und den Zuschlägen für Tierzucht und Tierhaltung. Der gesetzliche Hinweis auf den nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG ermittelten Gewinn aus landwirtschaftlicher Nutzung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, die die Durchschnittssatzgewinnermittlung als typisierten Betriebsvermögensvergleich behandelt. Dies beschränkt sich nicht --wie die Gesetzesfassung nahelegen könnte-- allein auf die landwirtschaftliche Nutzung, sondern betrifft den Kernbereich der Durchschnittssatzgewinnermittlung. In diesem Kernbereich der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gelten die sich bei einem Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ergebenden Gewinnauswirkungen aus den einzelnen Geschäftsvorfällen als durch den pauschalisierend ermittelten Gewinn erfasst. Ausnahmen, in denen Gewinnbestandteile des Durchschnittssatzgewinns nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln sind, hat der Gesetzgeber u.a. in § 13a Abs. 7 EStG für bestimmte Sondergewinne vorgesehen.

Die Einkommensteuer wird durch das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen (finanziellen) Leistungsfähigkeit geprägt, das verfassungsrechtlich insbesondere aus dem allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes abgeleitet wird. Die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfordert es, die einzelnen betrieblichen Geschäftsvorfälle entsprechend den steuerlichen Maßstäben und Wertungen zu erfassen. Ein Geschäftsvorfall darf dabei einerseits nicht doppelt erfasst werden. Andererseits gilt es zu verhindern, dass ein Geschäftsvorfall, der nach den Wertungen des Gesetzgebers eine steuerliche Gewinnauswirkung haben soll, unberücksichtigt bleibt. In beiden Fällen würde das Ziel einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verfehlt.

Diese Grundsätze sind auch beim Wechsel der Gewinnermittlungsart zu beachten. Sie schließen es aus, dass durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart Gewinne endgültig der Besteuerung entgehen und umgekehrt, dass sich Betriebsausgaben nicht mehr bei der Ermittlung des Gewinns auswirken können. Soweit durch unterschiedliche Realisierungszeitpunkte beim Wechsel der Gewinnermittlungsart erfolgswirksame Geschäftsvorfälle doppelt oder überhaupt nicht erfasst werden, ist dies folglich durch Zu- oder Abschläge dergestalt zu korrigieren, dass es zu einer Einmalbesteuerung des Geschäftsvorfalls kommt. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf es hierzu nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht.

Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist in ihrem Kernbereich --wie bereits dargelegt-- systematisch der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich weitgehend gleichgestellt. Deshalb hat der BFH den Wechsel von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur EÜR für vergleichbar mit einem Wechsel vom Betriebsvermögensvergleich zur EÜR gehalten. Nichts anderes gilt für den hier zu beurteilenden Wechsel von der EÜR zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen. Der Wechsel von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG erfordert deshalb eine Überleitungsrechnung. Dies entspricht auch der Auffassung der Finanzverwaltung und der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum.

Die Überleitungsrechnung beruht auf dem gedanklichen Modell des Wechsels von der EÜR zur Bilanzierung. Eine Anfangsbilanz ist dabei nicht aufzustellen, da eine solche für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht erforderlich ist. Die Überleitungsrechnung beruht nicht auf einer realen, sondern nur auf einer gedanklich aufgestellten Anfangs- oder Überleitungsbilanz.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass trotz der grundsätzlichen rechtssystematischen Gleichstellung der Durchschnittssatzgewinnermittlung mit der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich für Teilbereiche des Durchschnittssatzgewinns die Grundsätze der EÜR fortgelten. Für diese Teilbereiche muss folglich bei einem Wechsel von bzw. zur Gewinnermittlung durch EÜR kein Übergangsgewinn ermittelt werden. Denn für die erforderlichen Gewinnkorrekturen kann es nur darauf ankommen, wie die Gewinne oder auch entsprechende Teilgewinne eines Unternehmens tatsächlich ermittelt worden sind und ob sich dadurch beim Wechsel der Gewinnermittlungsart ohne entsprechende Korrekturposten Fehler ergeben würden.

Anders als der Kläger meint, steht es der Berücksichtigung von Gewinnkorrekturen beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG nicht entgegen, dass in § 13a Abs. 3 EStG, der die Bestandteile des Durchschnittssatzgewinns (abschließend) aufführt, die in ihrer Summe den Pauschalgewinn ausmachen, die Gewinnkorrekturen nicht (explizit) genannt sind.

Denn die Gewinnkorrekturen, die sich aufgrund eines Wechsels der Gewinnermittlungsart ergeben, zählen nicht zu dem nach § 13a EStG ermittelten laufenden Gewinn eines Wirtschaftsjahres. Vielmehr resultieren sie aus dem zwischen zwei Wirtschaftsjahren stattfindenden Wechsel der Gewinnermittlungsart und werden lediglich aus Praktikabilitätsgründen dem laufenden Gewinn des ersten Wirtschaftsjahres nach dem Übergang zugerechnet, obwohl sie nicht Bestandteil dieses Gewinns sind.

Der Umstand, dass der Gewinn im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 13a EStG in weiten Teilen --insbesondere hinsichtlich des Gewinns der landwirtschaftlichen Nutzung-- (lediglich) nach gesetzlich festgelegten, durchschnittlichen Werten bestimmt wird, steht der Berücksichtigung eines Übergangsgewinns beim Wechsel der Gewinnermittlungsart ebenfalls nicht entgegen. Denn auch der (pauschale) Gewinn aus der landwirtschaftlichen Nutzung gilt nach den Wertungen des Gesetzgebers als ein nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 EStG ermittelter Betrag. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass sich auch in dem pauschalen Gewinn nach § 13a EStG die bei einem Betriebsvermögensvergleich ergebenden Gewinnauswirkungen --wenn auch in gesetzlich festgelegten Gewinnbeträgen pro Hektar, pro Vieheinheit oder pro Sondernutzung etc.-- widerspiegeln sollen und als steuerlich erfasst gelten.

Vor diesem Hintergrund kann auch nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe sich bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen von dem (verfassungsrechtlichen) Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abgewandt, so dass dieses auch nicht zur Rechtfertigung von Gewinnkorrekturen beim Wechsel zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG herangezogen werden könne, wie die Kläger meinen. Zwar trifft es zu, dass die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen in der Regel zu niedrigeren Ergebnissen als die Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 1 EStG sowie nach § 4 Abs. 3 EStG führt und der Durchschnittssatzgewinn aus Vereinfachungsgründen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen daher nicht in dem gleichen Maße wie die übrigen Gewinnermittlungsarten erfasst.
Der Gesetzgeber hat diese --nicht zuletzt durch den Bundesrechnungshof und die Rechtsprechung des BFH aufgezeigten-- Defizite der Gewinnermittlung nach § 13a EStG aber erkannt und mit der Reform des § 13a EStG durch das ZollkodexAnpG vom 22.12.2014 eine zielgenauere Ausgestaltung der Durchschnittssatzgewinnermittlung angestrebt. Insbesondere bei den Sondergewinnen diente die Reform "der zutreffenden Totalgewinnerfassung in einem nicht typisierbaren Bereich". Zwar können die Grundsätze der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich weiterhin nicht unbesehen auf die Gewinnermittlung nach § 13a EStG übertragen werden. Andererseits ist es aber auch nicht mehr gerechtfertigt, der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen eine grundlegende Orientierung am Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abzusprechen. Schließlich finden sich auch in den Gesetzesmaterialien zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 und zum ZollKodexAnpG keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Ansatz von Gewinnkorrekturen beim Wechsel zur Durchschnittssatzgewinnermittlung unterbinden wollte.

Die Höhe des vom FA der Besteuerung zugrunde gelegten Übergangsgewinns ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der erkennende Senat sieht ebenso wie die Vorinstanz keinen Anlass, von diesem Übergangsgewinn abzuweichen.

Fundstelle

BFH, Urteil v. 23.11.2022 - VI R 31/20

Andrea Köcher

Steuerberaterin

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