Neues zur Steuerbefreiung von Unterrichtsleistungen

Fall 

Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein für Verkehrserziehung, führte entsprechend seiner Zweckbestimmung Fahrsicherheitstrainings für Pkw sowie Motorräder durch. Gebucht wurden die Kurse von Berufsgenossenschaften, der Bundeswehr und sonstigen Teilnehmern. 

Das Finanzamt unterwarf die Umsätze der Umsatzsteuer. Der Kläger klagte hiergegen, da die Umsätze seiner Ansicht nach steuerfrei sind. Das Finanzgericht Niedersachsen folgte der Ansicht des Klägers. Demnach sind die fraglichen Umsätze nach § 4 Nr. 22a Umsatzsteuergesetz (UStG) befreit. Das Finanzamt zog nun vor den Bundesfinanzhof, mit der Begründung, dass das Fahrsicherheitstraining steuerpflichtig sei, weil es sich weder um Schul- oder Hochschulunterricht noch um Aus- oder Fortbildungsveranstaltungen handele. 

Handelt es sich um gemischte Kurse?

Laut Bundesfinanzhof ist das Fahrsicherheitstraining, entsprechend dem Urteil des EuGH, zunächst nicht als Unterricht steuerbefreit, da es sich um „spezialisierten Unterricht“ handelt. Allerdings steht diese Einschränkung nicht der Steuerfreiheit entgegen, wenn der Unterricht der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung dient. Hierunter fallen Dienstleistungen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahmen, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass die Schulungsmaßnahmen unmittelbar der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen. Sie können daher auch Personen angeboten werden, die kein berufliches Interesse hieran haben. Allerdings ist zu prüfen, ob sich die Schulungsmaßnahme auch konkret zum Erwerb und zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse eignet. Unstrittig ist dies, wenn alle Teilnehmer:innen die Schulungsmaßnahme beruflich nutzen. Ist dies nur zum Teil der Fall, so muss sich die Eignung aus der Schulungsmaßnahme selbst ergeben. Ergibt sich die Eignung, so gilt die Steuerbefreiung bei „gemischten Kursen“ für alle Kursteilnehmer:innen. Der Bundesfinanzhof verweist das Verfahren allerdings an das Finanzgericht zurück. Denn dieses hatte nicht geprüft, ob es sich um gemischte Kurse handelt. Zwar geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass bei Übernahme der Kosten durch die Berufsgenossenschaft bzw. die Bundeswehr die Teilnahme aus beruflichen Gründen erfolgte, allerdings ist bei gemischten Kursen zusätzlich ihre Eignung zur beruflichen Fortbildung zu prüfen. Zweifel ergeben sich diesbezüglich beim Sicherheitstraining für Motorräder und für Senior:innen. Sollten die Kurse nicht steuerfrei sein, so soll das Finanzgericht ferner prüfen, ob Kurse, an denen Jugendliche teilnahmen, nicht als „Erziehung von Kindern und Jugendlichen“ steuerfrei sind.

Auch spezialisierter Unterricht kann steuerfrei sein

Der Fall zeigt, dass die Beantwortung der Frage, ob Unterrichtsleistungen steuerfrei sind, definitiv nicht einfach ist. Wichtig ist jedoch, dass die restriktive Behandlung des EuGH ihre Grenze findet, wenn der Unterricht beruflichen Zwecken dient. Mit anderen Worten: Auch spezialisierter Unterricht kann steuerfrei sein, wenn er beruflichen Zwecken dient. Unproblematisch ist dies, wenn alle Teilnehmer:innen aus beruflichen Gründen den Kurs besuchen. Handelt es sich dagegen um „gemischte“ Kurse, ist nachzuweisen, dass der Kurs sich für die berufliche Fortbildung eignet. Daher dürften Kurse, die eher der Freizeitgestaltung dienen, unverändert von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sein, auch wenn diese einzelnen Teilnehmer:innen zur beruflichen Fortbildung dienen.

Anbieter von Unterrichtsleistungen sollten nun prüfen, welche Auswirkungen das Urteil für sie hat. Dies betrifft nicht nur die Frage der Steuerbefreiung, sondern z.B. auch die Frage, ob weiterhin gemischte Kurse angeboten werden sollten.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.11.2022 – V R 33/21 (V R 26/18)

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