Spaziergang in der Mittagspause ist kein Arbeitsunfall

 

Kernaussage

Ein Spaziergang in der Mittagspause tut oft gut. Verunglückt ein Mitarbeiter aber während eines Spaziergangs in der Pause, ist dies kein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies hat das Hessische Landessozialgericht kürzlich entschieden.

Sachverhalt

Ein bei einer Investmentgesellschaft angestellter Fondsmanager nutzte seine Mittagspause für einen Spaziergang. Seine Arbeitszeiten konnte er grundsätzlich weitgehend frei bestimmen. Vor dem Firmengebäude stürzte der Arbeitnehmer jedoch über eine herausstehende Bodenplatte und zog sich dabei Schürfwunden zu. Er gab an, dass er durch das Aufeinandertreffen mit einem Kollegen abgelenkt gewesen sei. Der Arbeitnehmer machte aufgrund des Unfalls Ansprüche auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung geltend, die jedoch durch die Berufsgenossenschaft abgelehnt wurden. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer zunächst erfolglos vor dem Sozialgericht und legte anschließend Berufung vor dem Hessischen Landessozialgericht ein.

Entscheidung

Auch die eingelegte Berufung verlief erfolglos. Denn nach Ansicht des Hessischen Landessozialgerichts stand dem Fondsmanager kein Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu, da es sich nicht um einen Arbeitsunfall handelte. Nach Ansicht der Richter sind Arbeitnehmer grundsätzlich immer dann gesetzlich unfallversichert, wenn und solange sie eine Tätigkeit verrichten, die dem Betrieb dient. Der Spaziergang in der Mittagspause sei aber vielmehr eine „eigenwirtschaftliche Verrichtung“ des Arbeitnehmers gewesen, die nicht gesetzlich unfallversichert sei. Ein Spaziergang sei insoweit vergleichbar mit Essen, Trinken und Einkaufen in der Mittagspause. Auch sei das Spazierengehen keine Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis des Versicherten. Verunglückt ein Arbeitnehmer also bei einem Spaziergang in der Mittagspause, handelt es sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch wenn der Arbeitnehmer angab, dass der Spaziergang aufgrund seiner Arbeitsbelastung notwendig gewesen sei, sah das Landessozialgericht hier keine besondere betriebliche Belastung, die ausnahmsweise einen Versicherungsschutz begründet hätte. Die Revision zum Bundessozialgericht wurde nicht zugelassen.

Konsequenz

Das Urteil überzeugt im Ergebnis. Der Spaziergang des Fondsmanagers war – auch wenn er in der Mittagspause stattfand – dessen Privatsache und daher kein Arbeitsunfall. Es zeigt aber auch, dass dienstliche Tätigkeiten und reine Privatangelegenheiten immer mehr „verschwimmen“ und daher eine Abgrenzung stets einer Einzelfallbeurteilung mit genauer Betrachtung bedarf.

Alexandra Hecht

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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