Pflegefreibetrag für gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Personen

Kernaussage

Der BFH hat entschieden, dass ein Kind, das einen pflegebedürftigen Elternteil zu Lebzeiten gepflegt hat, nach Ableben des Elternteils, bei der Erbschaftsteuer den Pflegefreibetrag gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG, entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, in Anspruch nehmen kann.

Sachverhalt

Die Steuerpflichte hatte im Streitfall ihre Mutter bis zum Tode auf eigene Kosten gepflegt. Die Mutter war zehn Jahre vor dem Tod pflegebedürftig geworden (Pflegestufe III, monatliches Pflegegeld in Höhe von bis zu 700 €). Nach dem Tode der Mutter war die Steuerpflichtige Miterbin des Nachlasses ihrer Mutter geworden.

Im Erbschaftsteuerbescheid berücksichtigte das Finanzamt den Pflegefreibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG in Höhe von 20.000 € nicht. Der Einspruch der Steuerpflichtigen gegen den Erbschaftsteuerbescheid blieb erfolglos. Die daraufhin erhobene Klage wurde vom FG stattgegeben. Nach Auffassung des FG stehe der Gewährung des Freibetrags nicht entgegen, dass die Steuerpflichtige als Tochter gemäß § 1601 BGB verpflichtet gewesen sei der verstorbenen Mutter Unterhalt zu gewähren. Das Finanzamt legte gegen die Entscheidung des FG Revision ein.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass die Revision des Finanzamtes unbegründet ist. Nach Auffassung des BFH hat das FG zu Recht entschieden, dass der Steuerpflichtigen der Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG zusteht.

Der BFH vertritt die Ansicht, dass der Begriff „Pflege“ in § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG grundsätzlich weit auszulegen ist. Dabei wird als Pflege i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG die regelmäßig und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person verstanden Nach Auffassung des BFH reicht es für die Gewährung des Freibetrags aus, dass die Pflege des Erblassers durch seine Hilfsbedürftigkeit veranlasst war. Hingegen ist nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig i.S.d. § 14 Abs. 1 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuches ist oder einer Pflegestufe nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zuzuordnen ist.

Dem BFH zu Folge steht eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Gewährung des Pflegefreibetrags nicht entgegen. Denn der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG schließt gesetzlich Unterhaltverpflichtete nicht aus. Nach Auffassung des BFH lässt sich weder aus der gesetzlichen Unterhaltspflicht gemäß §§ 1601 ff., 1589 S. 1 BGB noch aus der Verpflichtung zu Beistand und Rücksicht zwischen Eltern und Kindern gemäß § 1618a BGB eine gesetzliche Verpflichtung zur persönlichen Pflege ableiten. Vielmehr ist der Sinn und Zweck des Freibetrags, nach Auffassung des BFH, das freiwillige Opfer der Pflege einer hilfsbedürftigen Person zu honorieren.

Hinweis

Die Entscheidung hat hohen praktischen Wert, da sich der BFH mit seiner Entscheidung gegen die bisherige Verwaltungsauffassung stellt. Gemäß RE 13.5 Abs. 1 Satz 2 ErbStR kann der Freibetrag nach § 13 ErbStG nicht für Personen in Anspruch genommen werden, die gesetzlich zur Pflege oder zum Unterhalt verpflichtet sind. Mit der Veröffentlichung im BStBl 2017 II, S. 1069 ist die Entscheidung in allen offenen Fällen anzuwenden. Der Freibetrag gilt gemäß § 1 Abs. 2 ErbStG auch für Zuwendungen unter Lebenden.

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