Neue Regeln zur Gewinnermittlung von Betriebsstätten

Hintergrund

Im Windschatten der Diskussionen über die steuerliche Verlagerung von Gewinnen von Hoch- in Niedrigsteuerländer (so genannte Base Erosion and Profit Shifting, „BEPS“, auf Deutsch: „Aushöhlung der Steuerbasis und Gewinnverlagerung“), die seinerzeit von amerikanischen multinationalen Unternehmen wie etwa Apple und Starbucks ausgelöst worden sind, hat der Gesetzgeber auch die Gewinnermittlung von Betriebsstätten angepasst. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen wurden jetzt durch ein 186 Seiten langes Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 22.12.2016 flankiert.

Was ändert sich?

Die Betriebsstätte wird – bis auf wenige Ausnahmen – zukünftig wie eine Tochterkapitalgesellschaft zu behandeln sein. Hieraus können sich für die Gewinnzurechnung weitreichende Konsequenzen ergeben. Wenn die Neuregelungen zur Anwendung kommen, ergeben sich folgende Handlungsschritte:Schritt 1: Funktions- und Risikoanalyse

  • Identifizierung von (maßgeblichen) Personalfunktionen
  • Zuordnung von Vermögenswerten, Schulden, Chancen und Risiken sowie ein angemessenes Dotationskapital (Eigenkapital)

Schritt 2: Vergleichbarkeitsanalyse

  • Bewertung der tatsächlichen Geschäftsvorfälle mit fremden Dritten und nahestehenden Personen
  • Identifizierung von fiktiven (!) Geschäftsvorfällen mit nahestehenden Personen

Auf Basis der beiden Schritte hat das Unternehmen eine Hilfs- und Nebenrechnung zu erstellen. Sämtliche Schritte sind nach den Vorgaben der Finanzverwaltung entsprechend zu dokumentieren.

Welche Handlungsfolgen ergeben sich?

Ob und inwieweit die Neuregelungen anzuwenden sind, hängt vom jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ab. Die Umstellung sollte sorgfältig erfolgen und ausreichend dokumentiert werden, da beispielsweise die Zuordnung einer Person zu einer ausländischen Betriebsstätte dazu führt, dass die mit der Person in Zusammenhang stehenden Wirtschaftsgüter grundsätzlich ebenfalls der ausländischen Betriebsstätte zugeordnet werden. Diese Wirtschaftsgüter gelten als fiktiv entnommen, was zur Aufdeckung stiller Reserven und damit zur Besteuerung führt. Doppelbesteuerungen können überdies im besten Fall (und nur) im Rahmen eines Verständigungsverfahrens mit den ausländischen Finanzbehörden beseitigt werden.

Ausblick

Nachdem bereits die mehr als zehn Jahre alten Regelungen zu Verrechnungspreisdokumentationen zum 1.1.2017 grundlegend überarbeitet worden sind, ist noch in diesem Jahr mit der Änderung einer Vielzahl von DBA zu rechnen. Hintergrund ist BEPS-Aktionspunkt 7, der die von international agierenden Unternehmen praktizierte künstliche Vermeidung von Betriebsstätten einzudämmen versucht. Betroffen sind abermals nicht nur Großkonzerne, sondern auch eine Vielzahl von international aufgestellten, mittelständischen Unternehmensgruppen.

Benno Lange

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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