„Liebhaberei auf Antrag“ bei kleinen Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken
Kernaussage
Manch eine Privatperson, die sich eine Photovoltaikanlage auf das Dach setzt, sieht sich auf einmal mit ungeahnten Pflichten bei der Erstellung der Steuererklärung konfrontiert. Denn wer mit einer Photovoltaikanlage oder einem Blockheizkraftwerk Strom erzeugt und ihn zumindest teilweise gegen Entgelt in das öffentliche Netz einspeist, erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, mit denen er der Einkommensteuer unterliegt. Zudem ist er unternehmerisch im Sinne des Umsatzsteuergesetzes tätig, womöglich auch Kleinunternehmer:in mit verschiedenen Wahlrechten. Zumindest für die Einkommensteuer hat das Bundesfinanzministerium eine Vereinfachungsregel geschaffen. Zeitgleich hat das Bayerische Landesamt für Steuern ein Merkblatt für die Betreiber solcher Anlagen veröffentlicht. Im Einzelnen ergeben sich hieraus die folgenden Erleichterungen, aber auch Risiken.
Problem und begünstigte Anlagen
Einkünfte aus Gewerbebetrieb setzen eine Gewinnerzielungsabsicht voraus, das heißt, der Steuerbürger muss mit seiner Tätigkeit auf Dauer gesehen einen Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anstreben. Maßgebend ist dabei die gesamte Lebensdauer des Betriebs von seiner Gründung bis zur Einstellung bzw. zum Verkauf. Angesichts des langen Zeitraums und der verschiedenen Einflussfaktoren fällt die Prognose, ob die Anlage auf eine Gewinnerzielung ausgerichtet ist, nicht immer leicht und ist streitanfällig. Eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht wird steuerlich als „Liebhaberei“ bezeichnet und ist einkommensteuerlich unbeachtlich. Bei kleinen Photovoltaikanlagen und vergleichbaren Blockheizkraftwerken sieht das Bundesfinanzministerium ein einkommensteuerliches Wahlrecht vor. Betroffen sind folgende Anlagen:
- Installierte Leistung der Photovoltaikanlage: bis zu 10 kW
- Installierte Leistung des Blockheizkraftwerks: bis zu 2,5 kW
- Inbetriebnahme: nach dem 31.12.2003
- Standort der Anlage: für eigene Wohnzwecke genutztes oder unentgeltlich überlassenes Ein- oder Zweifamilienhausgrundstück einschließlich Außenanlagen (z.B. Garagen)
Bei der Prüfung, ob es sich um ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Ein- und Zweifamilienhaus handelt, ist ein eventuell vorhandenes häusliches Arbeitszimmer unbeachtlich. Gleiches gilt für Räume (z.B. Gästezimmer), die nur gelegentlich entgeltlich vermietet werden, wenn die Einnahmen hieraus 520 € im Veranlagungszeitraum nicht überschreiten.
Antrag auf Liebhaberei mit Folgen für Zukunft und Vergangenheit
Auf schriftlichen Antrag der steuerpflichtigen Person ist aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass die Anlage von Beginn an nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Bei ihr liegt grundsätzlich eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre. Die Erklärung ist formfrei. Auf den Internetseiten der Finanzverwaltung ist eine Mustererklärung verfügbar. Veranlagte Gewinne und Verluste (z.B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen) aus zurückliegenden Veranlagungszeiträumen, die verfahrensrechtlich einer Änderung noch zugänglich sind, werden nicht mehr berücksichtigt. Die zukünftige Abgabe einer Anlage Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) für den Betrieb der Photovoltaikanlage oder des Blockheizkraftwerks entfällt. Das gilt sinngemäß für gesonderte und einheitliche Feststellungen. Für Veranlagungszeiträume, in denen die Voraussetzungen z.B. durch Nutzungsänderung oder Vergrößerung der Anlage über die genannte Leistung nicht vorliegen, ist die Vereinfachungsregelung nicht mehr anzuwenden. Der Wegfall der Voraussetzungen ist dem zuständigen Finanzamt schriftlich mitzuteilen.
Konsequenzen
Wurden bisher Verluste geltend gemacht und sind die Steuerbescheide verfahrensrechtlich änderbar, kann es zu Nachzahlungen für Vorjahre kommen (gegebenenfalls zuzüglich Nachzahlungszinsen in verfassungsrechtlich zulässiger Höhe). Die Vereinfachungsregelung hat zur Folge, dass diese kleinen Anlagen von Anfang an ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Da somit einkommensteuerrechtlich kein Gewerbebetrieb vorliegt, stellt die Photovoltaikanlage bzw. das Blockheizkraftwerk kein Betriebsvermögen dar. Dementsprechend ist kein Betriebsaufgabegewinn bzw. -verlust zu erfassen. Ebenso wenig sind eventuell vorhandene sogenannte stille Reserven zu ermitteln und festzustellen. Für die Unternehmereigenschaft im Umsatzsteuerrecht kommt es darauf an, ob mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage bzw. des Blockheizkraftwerks Einnahmen erzielt werden sollen. Ob die Anlage steuerlich mit Gewinn oder Verlust betrieben wird, ist dagegen unbeachtlich. Dementsprechend hat das beschriebene Wahlrecht keinerlei Auswirkungen auf die Umsatzsteuer.
Weitere Risiken?
Im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen und im Merkblatt des Bayerischen Landesamts für Steuern (jeweils vom 2.6.2021) wird auf übliche Änderungsmöglichkeiten gemäß §§ 164, 165 Abgabenordnung (AO) hingewiesen. Vorbehaltlich weiterer Verlautbarungen besteht ein Restrisiko, ob nicht auch andere Vorschriften (z.B. § 175 Abs. 2 AO wegen eines rückwirkenden Ereignisses) bisher geltend gemachte Verluste in endgültigen Bescheiden gefährden. Dies sollte genauso mit dem Steuerberater abgestimmt werden wie umsatzsteuerliche Aspekte, die den Betrieb der Anlage trotz ertragsteuerlicher „Liebhaberei“ weiterhin attraktiv machen können.